Zehn Finger hab ich an jeder Hand
Falk Wook, Pastor der Evangelisch - lutherischen Kirchengemeinde Zum Guten Hirten, Godshorn

Zehn Finger hab ich an jeder Hand, fünf und zwanzig an Händen und Füßen. „Mensch, das kannst Du dir doch an allen zehn Fingern abzählen, dass da etwas nicht stimmen kann“.
Doch schon, wenn ich die Trennungszeichen etwas verändere, kommt ein ganz anderer Sinn dabei heraus: „Zehn Finger hab ich, an jeder Hand fünf und zwanzig an Händen und Füßen.“ So einfach geht es, entweder jemanden hinters Licht zu führen – oder das Richtige im Falschen doch zu durchblicken. Denn leider ist die Wirklichkeit nicht so einfach zu erfassen. Wahrheit lässt sich oft nur in der gemeinsamen Diskussion herausbekommen. Vielleicht haben Sie auch schon mal jemandem gesagt? „Mensch, das kannst Du doch an zehn Fingern abzählen!" – und mussten feststellen, dass der andere zwar seine zehn Finger ansah, aber nicht wusste, wie er damit die Wahrheit ergründen sollte. Trotzdem ist es ein kluger Satz. Sehen wir einfach mal auf unsere Finger. Jeder Finger hat eine Bedeutung, die sogar am Alphabet abzulesen ist. Der Zeigefinger – mit Z wie Ziel. Er weist auf ein Ziel hin. Das sollen wir zielstrebig ansteuern. Dann ist da der Mittelfinger mit einem M. Er ist die Mitte. Wir brauchen nicht nur ein Ziel für die Zukunft. sondern auch eine Mitte, in der wir zu Hause sind. Das trägt und hält uns. Dann kommt der Ringfinger - mit dem R, wie Ratgeber. Wir brauchen Ratgeber wie z. B. die Evangelien: Sie raten uns, zu lieben und die Liebe in die Tat umzusetzen. Wir dürfen glauben und wir dürfen hoffen - ein guter Rat ist das! Der kleine Finger weist uns auf K wie Körper hin. Wir haben Grenzen. Wir müssen eines Tages sterben. Das ist so sicher, wie der kleine Finger an der Hand. Und dann ist da noch der Daumen. Sein D hat für mich mit Denken zu tun. Der Daumen fragt mich: „Na, hast Du gute Gedanken?“ Und: „Willst Du sie nicht einfach mal in Taten und Worte umsetzen?" Und dann geht der Daumen hoch: Alles in Ordnung. Unsere Finger - sie haben eine Bedeutung und stehen zum Glück in einem größeren Zusammenhang. Sie gehören zusammen und sind Teil unserer Hände. Mit den Händen, also mit dem Ganzen können wir besser „be – greifen“, als nur mit einem Finger allein. Und Wahrheit besteht aus mehr als einem Finger – es müssen schon mindesten fünf, wenn nicht zehn sein. In einem weltbekannten Gospel heißt es: „Gott hält die ganze Welt in seiner Hand". - Gottes Hand ist so etwas wie der Gesamtzusammenhang. Denn, wenn jeder nur auf seine Finger schaut, funktioniert die Welt nicht, vor allem wenn jemand uns wahrmachen möchte, dass er fünfundzwanzig Finger hätte. Gottes Hand der heilenden Gemeinschaft und der Solidarität schenkt Nähe, hilft, sie richtet auf und hält mich fest und bewahrt mich.