„Wir schicken ein Schiff“
Hochaktuelles Konfirmand*innenprojekt in St. Michaelis Bissendorf

„Wir schicken ein Schiff“ – unter dieser Überschrift engagiert sich das Bündnis „United4Rescue“ für die zivile Seenotrettung im Mittelmeer. Aus der Evangelischen Kirche in Deutschland heraus gegründet, gehören dem Bündnis aktuell 708 Partnerorganisationen und einzelne Bündnispartner*innen an. In der St.-Michaelis-Kirchengemeinde in Bissendorf wurde nun ein Konfirmand*innenprojekt zum Thema vorgestellt, das von Pastor Thorsten Buck und Carsten Fertig, Leiter der Jugendkunstschule in der Wedemark, initiiert wurde.
„Man lässt keine Menschen ertrinken. Punkt.“ Mit diesem Satz sprach die hannoversche Pastorin Sandra Bils auf dem Kirchentag in Dortmund im Juni 2019 aus, was viele Menschen in Deutschland damals dachten und auch heute noch denken. Solange täglich Männer, Frauen und auch Kinder im Mittelmeer sterben, müssten Zivilgesellschaft und Kirchen das Versagen der europäischen Staaten anklagen und Geflüchtete vor dem Ertrinken retten, formulierte Bils ihre Überzeugung, die auch der Arbeit von United4Rescue zugrunde liegt.
Im Januar 2020 erwarb das Bündnis, das seinen Sitz in Hannover hat, mit Spendenmitteln ein früheres Forschungsschiff, das unter dem Namen Sea Watch 4 Geflüchtete im Mittelmeer vor dem Ertrinken rettete und später von den italienischen Behörden in Palermo festgesetzt wurde. Ein zweites Bündnisschiff, die Sea Eye 4, wird ebenfalls für Rettungseinsätze vorbereitet; im Frühjahr soll sie bereit sein zum Auslaufen in Richtung Mittelmeer. Betrieben werden die Schiffe durch die in der Seenotrettung erfahrenen zivilgesellschaftlichen Organisationen Sea Watch/Sea Eye; Ärzte ohne Grenzen stellen die medizinische Versorgung an Bord sicher.
„Wir haben etwas gezögert, dieses Thema gemeinsam anzugehen“, erklärt Pastor Thorsten Buck zu dem Konfirmand*innenprojekt. Die Frage der Migration müsse natürlich auf politischer Ebene beantwortet werden, dennoch finde er es unerträglich, dass das Sterben im Mittelmeer als Mittel der Abschreckung seit vielen Monaten bewusst in Kauf genommen werde. „Seenotrettung ist eine humanitäre Pflicht, da braucht es gar keine spezifisch christliche Haltung. Aber als Christ kann ich diese Unbarmherzigkeit nicht aushalten.“
Carsten Fertig betont seine Freude darüber, dass in der Kooperation von Jugendkunstschule und Kirchengemeinde ein Projekt entstand, das mit künstlerischen Mitteln in die Öffentlichkeit hineinwirkt und den Blick auf die katastrophale Situation im Mittelmeer lenkt – insbesondere in einer Zeit, in der fast die gesamte öffentliche Aufmerksamkeit auf die Corona-Pandemie gerichtet ist.
Große Aufmerksamkeit fand die Beschäftigung mit dem Thema Seenotrettung auch bei den Bissendorfer Konfirmand*innen, die sich mit Fluchtursachen und fehlenden politischen Lösungen, mit Fluchtrouten und auch mit der erschreckenden Zahl geflüchteter Menschen beschäftigten. Das Erfahrene setzten sie dann an zwei Tagen in der Kunstschule um: Hier entstanden ein zum Thema gestalteter Tisch und mehrere kunstvolle Spendendosen – ihre Arbeit solle einen konkreten Nutzen haben, wünschten sich die Jugendlichen.
Tisch und Spendendosen stehen jetzt im Turmraum der Michaeliskirche in Bissendorf, der auch in der Zeit des Lockdown zu bestimmten Zeiten zugänglich ist. Eine weitere Spendendose wartet in der Kapernaum-Kirchengemeinde in Resse darauf, für die zivile Seenotrettung gefüllt zu werden. Im Bissendorfer Gemeindebüro können darüber hinaus zwei weitere Dosen ausgeliehen werden, um damit im Familien-, Bekannten- oder Kolleg*innenkreis Spenden zu sammeln. Absprachen zum Ausleihen sind im Gemeindebüro unter 05130 – 8770 möglich.