Wenn die Uhr stehen bleibt

Isabell Schulz-Grave, Pastorin der Emmauskirchengemeinde Langenhagen

Seit einigen Wochen steht die Uhr unserer Emmauskirchengemeinde. Morgens, mittags und abends zeigt sie kurz nach halb sechs. Ein Blitz hat die Elektronik so beschädigt, dass sich die Zeiger nicht mehr bewegen. Häufig bin ich in den letzten Woche darauf angesprochen worden, was denn eigentlich mit unserer Uhr los sei. Ich staune wie viel Menschen sie als Orientierung nutzen, auf dem Weg, beim Arbeiten, aber auch beim Heimkommen. Die Kirchturmuhr, sie gibt Verlässlichkeit im Lebensrhythmus.

Und auch ich schaue in unserem Garten noch oft nach oben und denke: „Ach stimmt ja!“ Es ist ein komisches Gefühl, wenn im Arbeitsalltag die Uhr stehen bleibt. Wir kennen es nicht und sind es gewohnt uns auf die sichere Zeitansage beim Wecken, bei Terminen, bei unserem Tagesablauf zu verlassen.

Doch manchmal kommt es anders, auch im übertragenen Sinn. Es gibt Ereignisse, die wie ein Blitz im Leben einschlagen und die uns zwingen, alles Gewohnte, vertraute Abläufe ruhen zu lassen und selbst innezuhalten. Ein erzwungener Stopp. Die Erfahrung zeigt, dass gerade in diesem Stillstand manchmal Dinge und Begegnungen wieder wichtig werden, für die es vorher keine Zeit gab. Der alltägliche Lebensrhythmus hat einen fest im Griff, aber wenn die Uhr stehen bleibt, bin ich gezwungen noch einmal genau hinzusehen, was ich eigentlich mit meiner Zeit tue.

Unsere Kirchturmuhr wird vermutlich noch eine Weile auf halb sechs stehen. Sicher eine gute Gelegenheit innezuhalten, auch ohne Blitzeinschlag im eigenen Leben.

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