Vom Zusammenhang zwischen Steuern und Beten

Infoveranstaltung des Kirchenkreises zur Umsatzsteuer

Fast wie bei einer Abi-Klausur: Im Saal der Elisabeth-Kirchengemeinde wurden die Abstandsregeln eingehalten. Foto: Rainer Müller-Jödicke
Fast wie bei einer Abi-Klausur: Im Saal der Elisabeth-Kirchengemeinde wurden die Abstandsregeln eingehalten. Foto: Rainer Müller-Jödicke

„Das sieht hier ja aus wie bei einer Abiturklausur“, entfuhr es den Ehren- und Hauptamtlichen aus den Gemeinden im Kirchenkreis Burgwedel-Langenhagen, als sie in dieser Woche den Gemeindesaal der Elisabeth-Kirchengemeinde in Langenhagen betraten. In Reih und Glied und mit mindestens anderthalb Meter Abstand waren hier 30 Einzeltische aufgestellt – es sollte um die kommende Einführung der Umsatzsteuer für Kirchen und ihre Einrichtungen gehen. „Auch wenn durch die Corona-Gesetzgebung die Kirche erst Anfang 2023 umsatzsteuerpflichtig wird, müssen wir uns doch schon jetzt darauf vorbereiten“, betonte Superintendent Holger Grünjes in seiner Begrüßung.

Steuerberater Marco Kuhlenkamp verstand es anschließend als Referent, die trockene Rechtsmaterie verständlich und anekdotenreich darzustellen. Er gab sich als Vater eines Kindes, das einen evangelischen Kindergarten besucht, zu erkennen; wohl deshalb hatte er einen verständnisvollen Blick für das weite Aufgabenspektrum von Kirchengemeinden und konnte die Theorie mit vielen Fallbeispielen veranschaulichen.

„Viele Kirchengemeinden organisieren in der Adventszeit mit großem ehrenamtlichen Aufwand Wohltätigkeitsbasare, doch der gesamte Umsatz muss demnächst versteuert werden“, erläuterte der Experte. Das sei bitter, weil die Steuer vom Spendenertrag abgezogen werden müsse. „Kommunen und Geschäftsleute haben bereits vor Jahren erfolgreich geklagt, weil sie sich benachteiligt fühlen, dass die Kirchen einen Wettbewerbsvorteil haben“, erläuterte Kuhlenkamp. Wenn beim Kirchkaffee Kuchen verkauft werde, müsse die Kirche als Körperschaft des öffentlichen Rechts bislang keine Steuern zahlen, das benachbarte Café hingegen schon. Ab 2023 müsse nun auch in der Kirche der gesamte Umsatz, nicht nur die Einnahmen, innerhalb kurzer Fristen dokumentiert und mit 19 Prozent versteuert werden. Wenn eine Kirchengemeinde diesen Verwaltungsaufwand scheue, könne sie der Steuerhinterziehung bezichtigt werden und müsse mit empfindlichen Strafen rechnen.

„Ich bin sehr erleichtert, dass der Referent uns zwei Lösungswege aus dem Dilemma aufzeigen konnte“, kommentierte Pastor Rainer Müller-Jödicke im Anschluss an die Informationsveranstaltung des Kirchenkreises. So schlug Kuhlenkamp zum einen vor, dass Kirchengemeinden, vergleichbar mit Kleinunternehmern, einen Steuerfreibetrag bis zu einem Umsatz von 22.000 Euro nutzen. Zum anderen ermunterte der Steuerberater die Gemeinden, ihren Verkündigungsauftrag neu in den Blick zu nehmen, weil dies als hoheitliche Aufgabe steuerfrei geschehen könne, sodass zum Beispiel Freizeiten für Konfirmandinnen und Konfirmanden nicht besteuert werden müssten.

Einer der anwesenden Pastoren formulierte ein weiteres Fallbeispiel: „Wenn ich eine Gemeindefahrt nach Rom anbiete, sollte ich dann also die prächtigen Kirchen der ewigen Stadt nicht nur kunstgeschichtlich vorstellen, sondern dort auch jeweils eine Andacht feiern, sodass die Gemeindefahrt in den hoheitlichen Bereich der Kirche fällt?“ Der Steuerberater konnte diese Frage bejahen, worauf es Superintendent Holger Grünjes auf den Punkt brachte: „Wie schön, wenn das Steuergesetz uns alle wieder zum Beten ermutigt.“

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