Sonnenstrahlen

Da stand ich dann, mit ziemlich wackligen Beinen. Einen ersten Gang hatte ich aufgenommen, schön dick eingemummelt, obwohl doch endlich die Frühlingssonne schien. Vor einigen Tagen erwischte es mich ganz plötzlich. Von einem Moment zum anderen.
Jedenfalls diagnostizierte die freundliche Hausärztin recht nüchtern: „Sie sind jetzt der Vierundzwanzigste, der heute mit diesen Begleiterscheinungen in die Praxis kommt.“ Einen kräftigen Virus hatte ich mir eingehandelt, der mir ungewollt Ruhe auferlegte.
Doch die frische Luft ab und an sollte gut sein. Und die lässt sich auch mit wackligen Beinen genießen. Und schließlich ging es ja allmählich bergauf, nach den ersten Tagen im Bett.
Ich machte eine kleine Pause am Bolzplatz, am Rande des Eichenparks. Kräftige Burschen jagten dem Ball nach, Gelächter begleiteten manchen Fehlschuss neben eleganten Dribblings und bewunderten Torschüssen.
Hinter mir am Weg war die Bank besetzt. Drei alt gewordene Frauen schauten wie ich zu. Eine ließ ihren Hund von der Leine, der dann um mich herumwedelte.
Für einen Moment wehte da etwas an mich heran, als ich den Fußballspielern zuschaute: Neid. Das wollte ich jetzt auch gern: loslegen, hineingrätschen, die Bananenflanke schlagen! Meine Beine aber spürten sich noch kläglicher an als zuvor.
Ich drehte mich um. Ob es den Frauen, die sich auf der Bank unterhielten, auch so ging? Oder ob sie einfach zuschauten, vertieft in ihr Gespräch und bei ihren Gedanken, ganz zufrieden vielleicht und voller Lebensgeschichten?
Plötzlich war ich wieder ganz bei mir und setzte die nächsten Schritte. Streckte mich noch klarer der Sonne entgegen. Dieses Licht! Es wärmte auch mein Inneres, löste das unschöne Gefühl ab. Auch das will der kommende Frühling zeigen: Es ist eine Weite da. Und eine Kraft. Sie wirkt, ja, auch bis in meine wackligen Beine.
Neid? Nun, noch einmal ein Blick auf die Jungs, dann aber das klare Empfinden: Danke, Gott, für dieses schöne Licht.
Martin Bergau