Sich an die eigene Nase fassen
Ein Beitrag von Pastor Torsten Kröncke

Da hat doch tatsächlich einer versucht, eines der Finanzämter in Hannover anzuzünden, weil die Behörde eine zugegeben enorme Summe als Steuernachzahlung gefordert hatte. Keine gute Idee! Der geständige Täter sagt selbst inzwischen auch: „Ich hatte wohl den Verstand verloren.“ Und alle Welt fragt sich: Wie kann man nur auf so eine Idee kommen?
Wenn ich einen Moment drüber nachdenke, kommt mir allerdings in den Sinn, dass es gar nicht so ungewöhnlich ist, was der Mann da getan hat. Ich trete manchmal auch nach der Tür, wenn ich mich geklemmt habe, obwohl die Tür nichts dafür kann. Und ich habe schon Menschen beobachtet, die einer Bahn hinterher brüllen und sie verfluchen, weil sie selbst zu spät zum Bahnhof gekommen sind. Im Internet kann man sogar lustige Videos finden, in denen Computerspieler ihre Tastatur zertrümmern, weil sie selbst immer wieder an den gestellten Aufgaben scheitern.
Der Mensch an sich neigt wohl dazu, die eigenen Fehler auf andere oder anderes zu schieben. Wenn ich in Mathe schlechte Noten bekomme, ist die Lehrerin schuld. Und umgekehrt: Wenn die Klasse laut und anstrengend ist, sind die Schüler schuld. Natürlich kann das hin und wieder auch der Wahrheit entsprechen. Aber nicht selten ist es klüger und zielführender, sich an die eigene Nase zu fassen. Wo mache ich selbst etwas falsch? Wo liegt die Verantwortung vor allem bei mir selbst? Wenn ich diese Fragen ehrlich beantworte, ist die Chance größer, dass ich etwas zum Besseren verändern kann. Feuer, Tritte oder Flüche helfen da weniger.
Zum Schluss ein kluger Spruch aus der Bergpredigt dazu: Warum siehst du den Splitter im Auge deines Bruders, aber den Balken in deinem Auge bemerkst du nicht?