Restaurator hilft St. Nikolai aus dem Trauerkleid

Erste Reinigungsarbeiten haben begonnen

Vorsichtig befreit Reinhold Gonschior die Deckengemälde in St. Nikolai von ihrem dunklen Schleier. Bild: Bahl
Vorsichtig befreit Reinhold Gonschior die Deckengemälde in St. Nikolai von ihrem dunklen Schleier. Bild: Bahl

Ein dunkler Schleier hat sich über die 600 Jahre alten gotischen Decken- und Wandmalereien in der St.-Nikolai-Kirche in Kirchhorst gelegt. Eine Restaurierung würde die Kirchengemeinde 100.000 Euro kosten – deshalb gibt es in dieser Woche vorerst einen Probelauf. Von Carina Bahl Kirchhorst. Ganz vorsichtig, fast zärtlich streichelt Reinhold Gonschior über die Wände und Decken in St. Nikolai. Mal greift er zu einem weichen weißen Tuch, mal zu einem gröberen Latexschwamm, und an ganz sensiblen Stellen zu einem selbst angemischten Mehl-Teig: „Der funktioniert wie ein Radiergummi, nimmt sanft den Schmutz auf, ohne zu stark zur reiben“, erläutert der erfahrene Restaurator seine Arbeit. Seit 30 Jahren erweckt der Fachmann aus Uelzen kostbare Denkmäler und Kunstschätze in Kirchen wieder zum Leben. „St. Nikolai könnte meine 1000. Kirche sein“, vermutet Gonschior. Und die Frage, die er diese Woche dort klären soll, ist eine existenzielle: Lassen sich die 600 Jahre alten Malereien noch einmal retten? „Wir haben jahrelang beobachtet, dass die Wände und Decken schwarz wurden“, berichtet Kirchenvorsteher Klaus Gutsch. Unzählige Experten und Fachleute hatte sich die Kirchengemeinde eingeladen, um dem mysteriösen Trauerkleid, das sich stetig und unaufhaltsam über die Wände zog, auf die Spur zu kommen. Am Ende stand fest: Das Klima war schuld. „Die Wände waren zu feucht und der Dreck blieb daran kleben“, sagt Gutsch. Ein Problem, das mit Unterstützung der Kirchenmitglieder vor zwei Jahren gelöst wurde: „Wir haben eine neue Heizung für fast 25.000 Euro installiert“, sagt Gutsch stolz. Problem erkannt, Problem gebannt? Leider nicht. Denn auch, wenn die Ursache für den schwarzen Schleier gefunden war, so war er doch immer noch da. „Man kann ihn nicht einfach wegputzen“, betont Gonschior. „Die Wände müssen gereinigt werden, ohne dass die Malerei darunter verschwindet.“ Dafür den richtigen Weg zu finden, das ist die Aufgabe, der sich der Restaurator diese Woche in Kirchhorst stellt. Sein erstes Fazit lässt hoffen: „Die Malereien darunter sind nicht so schlimm beschädigt, wie befürchtet.“ Die ersten hellen Flächen an den Wänden zeigen: Es funktioniert. Ob nach einer Reinigung Malereien teils erneuert oder in ihrem historisch wertvollen Urzustand erhalten bleiben, müssten die Fachämter entscheiden, Ob es allerdings überhaupt zu einer umfassenden Restaurierung kommt, das entscheidet das Portemonnaie: „100.000 Euro würde das bestimmt kosten“, schätzt Gutsch. Schließlich müssten für das Gerüst, das es braucht, um an die meterhohen Deckengewölbe zu kommen, die Bänke, der Altar und die Orgel abgebaut werden. Ein Mammutprojekt – das es laut Gutsch aber wert wäre. „Sollten die Probereinigungen diese Woche funktionieren, werden wir Geld an allen Ecken und Enden dafür sammeln, beantragen und suchen“, verspricht Gutsch.

aus:
Nordhannoversche Zeitung
vom 29.11.2013
Red.: Carina Bahl

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