Leben auf Kosten anderer?
Holger Hornbostel, Diakon und Sozialarbeiter im Diakonieverband Hannover-Land

Franz von Assisi und seine Mönchsbrüder hatten sich der absoluten Armut verschrieben und lebten nur von dem, was Barmherzige ihnen gaben. Die Leute machten es ihm und seinen Freunden zum Vorwurf, dass sie all ihren Besitz verschenkt hatten und nun auf Kosten anderer lebten. Selbst Eltern und Verwandte wollten mit ihnen nichts mehr zu tun haben. Die Mitbürger lachten die Franziskusfreunde aus. Und so gerieten Franz und seine Mönche in Not. Dabei hatte er sich nur Jesus als Vorbild genommen, der ja auch nichts besaß und gesagt hatte: „Seht die Lilien auf dem Felde und die Vögel unter dem Himmel, sie säen nicht, sie ernten nicht… und euer himmlischer Vater ernährt sie doch“ (Matthäus 6, 26).
Als der Bischof von Assisi Franziskus darauf ansprach, und bemerkte wie hart doch sein Leben sei, gab Franz zur Antwort: „Wenn wir etwas besitzen würden, dann müssten wir auch Waffen zu unserer Verteidigung haben. Daher kommen doch die Streitereien, die die Liebe zu Gott und den Menschen hindern. Darum wollen wir nichts besitzen.“
Ist es möglich, in einem modernen Staat in frei gewählter Armut zu leben, ohne Besitz, ohne Sorge darum ob mein Lebensunterhalt morgen noch gesichert ist? Man kann und man kann es auch in unserer Gesellschaft, in der die Schere zwischen Arm und Reich immer weiter auseinandergeht. Es leben nicht nur Männer und Frauen hinter Klostermauern so. Es gibt Menschen, die leben auf der Straße ohne zu wissen, wie der Lebensunterhalt für den morgigen Tag beschafft werden soll. Vielleicht haben diese Leute sich das Leben nicht so vorgestellt und sind diesen Weg unfreiwillig gegangen. Mit der Zeit haben sie sich damit aber abgefunden, aus der Not eine Tugend gemacht und dann bewusst entschieden: „Ich lebe weiter nur mit dem Nötigsten. Mit dem vollem Risiko nicht zu wissen was morgen ist.“
Es sind Wenige, die dieses so. können und auch wollen. Leben diese Leute auf Kosten der anderen? Können sie nur so leben weil andere für sie den Unterhalt erwirtschaften? Wenn wir nur daran denken, Privater Besitz, Geld und Vermögen sichert uns die Zukunft, dann mag die Antwort richtig sein: „die leben nur auf Kosten anderer“ Gehen wir davon aus, sie halten uns einen Spiegel vor, der zeigt: Mitmenschlichkeit, Solidarität und Nächstenliebe sind wichtiger als die Sorge um den irdischen Besitz.
Leute, die sich wenig Sorgen um Besitz machen müssen, sind offen für menschliche Beziehungen. Sie können frei auf andere zugehen, ohne die Angst, der andere nimmt mir etwas weg. Offenheit für Menschen macht reich, reich an Erlebnissen, Erkenntnissen und ganz neuen Erfahrungen. Dieses machte Franz von Assisi in seiner Armut so überzeugend: Offenheit für Menschen ist auch Offenheit für Gott.