„Kommt in mein Haus und bleibt da!“
Warum Europa uns als Christinnen und Christen braucht

Vor kurzem habe ich eine Lehrstunde bekommen über das Geschenk des Friedens in Europa:
Zum 100. Jubiläum des Waffenstillstandes, der den 1. Weltkrieg beendete, durfte ich in England in der Kathedrale von Ripon predigen. Vom Altar hing wie ein Parament der Union Jack, die Fahne Großbritanniens. Viele Soldaten in Uniform. Keine Heldenverehrung, aber ein Pathos, das mich überraschte. Dass ich als Deutscher in dieser Atmosphäre predigen durfte, hat mich tief bewegt.
Seit fast 74 Jahren leben wir in Frieden mit unseren Nachbarn. Diesen Frieden zu bewahren ist die wichtigste Aufgabe der Europäischen Union. Sie ist, wie es der deutsche Schriftsteller Navid Kermani auf den Punkt bringt, „das politisch Wertvollste, was sich auf diesem Kontinent durch Kriege und Völkermorde hindurch herausgebildet hat“.
Die Herausforderungen unserer Zeit sind zu groß, um sie alleine, hinter nationalen Schranken zu bewältigen: Überall in der Welt werden neue Mauern errichtet. Auch in Europa sind sich längst nicht mehr alle einig, dass Menschenrechte und Demokratie unsere größten Errungenschaften sind. Millionen Verzweifelte weltweit verlassen ihre Heimat auf der Suche nach Sicherheit und Wohlstand. Und wenn wir die Erwärmung unseres Planeten nicht gemeinsam stoppen, wird nichts mehr so sein, wie wir es kennen. Damit wir diesen Herausforderungen gemeinsam gewachsen sind, müssen wir Europa stärker, demokratischer, solidarischer machen.
In der Bibel beschreibt die Apostelgeschichte, wie das Christentum nach Europa kam: Es war eine Purpurhändlerin namens Lydia, die Paulus in Philippi im heutigen Griechenland zuhörte und die Missionare spontan einlud: „Kommt in mein Haus und bleibt da!“ Seitdem sind Europa und der Glaube an Jesus Christus untrennbar miteinander verbunden. Wechselseitig haben sie sich ganz entscheidend geprägt – und sie tun das weiterhin.
Wenn in unserer Landeskirche kulturgeschichtliche Schätze erhalten werden, Kirchen und Gemeinderäume zukunftsorientiert saniert, Bildungsangebote und Treffpunkte geschaffen werden, dann kann das oft nur mit Unterstützung von EU-Mitteln umgesetzt werden. 12,8 Millionen Euro erhielten Kirchengemeinden, Kirchenkreise und die Landeskirche in der vergangenen EU-Förderperiode. Zählt man die EU-Mittel für kirchliche Bildungseinrichtungen, die Diakonien und andere kirchennahe Einrichtungen dazu, kommt man sogar auf 36,2 Millionen Euro.
Am 26. Mai 2019 haben wir alle die Chance, Europa noch besser zu machen. Ich bitte Sie herzlich:
Gehen Sie zur Wahl des EU-Parlaments und geben Sie Ihre Stimme einer Partei, die Europa zu stärken verspricht.
Ihr Ralf Meister
Landesbischof der Evangelisch-lutherischen Landeskirche Hannovers