„Kinderbibeltage kann ich aus dem Stand“
Am 25. Februar wird Werner Bürgel in den Ruhestand verabschiedet

Beim Vorpraktikum in einem Altenheim hat er nach eigenem Bekunden „total versagt“, beim zweiten Anlauf in einem Erziehungsheim in Burgdorf hingegen „geglänzt“ – seit Schülerzeiten schon ist die Jugendarbeit für Werner Bürgel ein echtes Herzensanliegen. Während seiner Diakonenausbildung im hannöverschen Stephansstift machte er dieses Anliegen zum Beruf und trat 1974 seine erste Stelle als Gemeindediakon in der Elisabeth-Kirche in Langenhagen an. Bis 1996 blieb er an diesem Ort, nicht immer in gutem Einvernehmen mit dem Kirchenvorstand.
„Das emanzipatorische Bewusstsein der Jugendlichen war damals sehr ausgeprägt“, erinnert sich Werner Bürgel an die 70er Jahre in Langenhagen. „Heiligabend haben wir in jedem Jahr ein Anspiel mit oft sehr kritischem Inhalt gemacht, das hat immer mal wieder zu Konflikten mit dem Kirchenvorstand geführt.“ Weniger konfliktträchtig war die Arbeit mit Kindern: So führte der Diakon in Zusammenarbeit mit der evangelischen Kindertagesstätte der Elisabeth-Gemeinde die Kinderbibeltage in Langenhagen ein und machte sie zu einem erfolgreichen Projekt: „Kinderbibeltage kann ich aus dem Stand“, sagt er schmunzelnd.
1996 kam dann die Anfrage vom damaligen Superintendenten Gottfried Kawalla, ob der Langenhagener Diakon nicht Lust habe, im Kirchenkreisjugenddienst tätig zu werden. Der damals 44-Jährige sah das als echte Herausforderung und bewarb sich um die Stelle des Kirchenkreisjugendwartes – mit Erfolg. Von seinen Vorgängern übernahm er unter anderem die Sommerfreizeit in Südtirol: Bis 2014 reiste er alljährlich mit 30 bis 40 Jugendlichen aus dem Kirchenkreis in die norditalienischen Berge. Und er erweiterte sein Verständnis von evangelischer Jugendarbeit: Ab 1997 engagierte er sich in der Jugendverbandsarbeit, wurde im Stadt- und Regionsjugendring aktiv. „Die Jugendpolitik hat mich sehr interessiert“, sagt er zurückblickend; daran hat sich bis heute wenig geändert.

Seit 1996 hat der Kirchenkreisjugendwart sein Büro im Haus der Jugend am Langenforther Platz, einer kommunalen Einrichtung. Einmal mehr wurde daran die enge Verbindung zur Jugendverbandsarbeit deutlich; darüber hinaus war und ist Werner Bürgel von der Philosophie im Haus begeistert: „Hier geht es grundsätzlich darum, Dinge zu ermöglichen“, erklärt er. Was gewollt und möglich war, hat sich über die Jahre immer wieder verändert: „In den 70ern spielten gruppendynamische Prozesse, Teambildung und Erlebnispädagogik eine wichtige Rolle, heute ist es eher die Kreativität im Theater und in den medialen Arbeitsfeldern. Es ist irre, was Jugendliche da leisten.“
Mit großer Freude nimmt der Kirchenkreisjugendwart zur Kenntnis, dass Jugendliche seit einigen Jahren wieder ein stärkeres politisches Bewusstsein entwickeln, sich weniger angepasst verhalten als noch vor 20 Jahren: Unter anderem das große Engagement junger Menschen in der Flüchtlingshilfe ab Sommer 2015 habe dies gezeigt. Umso wichtiger ist Werner Bürgel die professionelle Begleitung ehrenamtlicher Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in der Jugendarbeit: „Jugendarbeit braucht Hauptamtliche und unser Kirchenkreis ist da gut aufgestellt.“
Laut Studien erreicht die Arbeit der Evangelischen Jugend zwölf bis 15 Prozent der Jugendlichen in Deutschland – eine Zahl, die gute Gründe hat. „Wir bieten Jugendlichen einen Ort, an dem sie sich entwickeln können, ohne sich leistungsorientiert verhalten zu müssen“, sagt Werner Bürgel. „Wir nehmen sie so, wie sie sind – jeder nach seinen Fähigkeiten – und trauen jedem etwas zu.“ Der Inklusionsgedanke sei in der Evangelischen Jugend grundlegend: „Ich vergleiche uns da manchmal mit der Feuerwehr.“
Am Sonntag, 25. Februar 2018 um 15 Uhr wird Werner Bürgel in einem Gottesdienst in der Elisabeth-Kirche aus seinem Dienst als Kirchenkreisjugendwart in den Ruhestand verabschiedet. Über viele Gäste beim Gottesdienst und dem anschließenden Empfang würde er sich freuen. Und er wird sich anschließend nicht aufs Altenteil zurückziehen: Im April möchte er für den Vorstand des Regionsjugendrings kandidieren; darüber hinaus will er sich in der Jugendverbandsarbeit auf dem Feld der Inklusion einsetzen.