Hart aber herzlich
Pastor Rainer Müller-Jödicke, Ev.-luth. St.-Martins-Kirchengemeinde Engelbostel/Schulenburg

Mit dem Handtuch wischt er noch den Partytisch nach, dann schüttelt mir Bruder Johannes die Hand. Mit seinem braunen Ordensgewand passt er so gar nicht hierher, aber Bruder Johannes arbeitet in der Suppenküche Pankow. Dort war ich mit meinen Konfirmanden zu Besuch und wir haben gestaunt, was dieser Mann dort leistet: Mit einem Dutzend Ehrenamtlichen kocht er täglich Suppe für dreihundert Obdachlose!
Meist sind es Männer, die dankbar einen warmen Platz in dem lichtdurchfluteten Raum neben dem Kloster im Norden Berlins suchen. Am späten Vormittag wird geöffnet, um kurz nach 1 läutet die Glocke, dann gibt es warmes Essen. Und wenn bei der Berliner Tafel – das ist der große Bruder der Langenhagener Tafel – Süßes abgegeben wurde, reicht der Mönch auch Pudding oder Schokolade.
Die Bänke waren rustikal, aber der Raum an sich lichtdurchflutet und modern. Als wir die riesigen Fenster bestaunten, ahnte der Mönch unsere Frage, ob es nicht auch etwas kostengünstiger gegangen wäre. „Viele unserer Gäste leben schon so lange auf der Straße, dass sie sich in Häusern eingeengt fühlen, darum brauchen wir so einen hellen Raum!“ Noch mehr hat mich seine Erklärung zu den Holzbänken vor der Tür erschüttert: „Dort sitzen die, die gar nicht mehr in Gebäude hineingehen können. Und manche können sich gar nicht mehr hinsetzen: Denen müssen wir das Essen im Stehen reichen!“
Bruder Johannes hat uns auch die Hygienestation gezeigt. Dort können seine Gäste duschen oder ihre Kleider waschen lassen. In der Kleiderkammer bekommen sie neue Kleidung. „Einige nutzen das freilich auch aus und verkaufen die Kleiderspenden auf dem Flohmarkt“, gestand der Mönch, „dann muss ich ein hartes Wort sagen.“ – „Wie schaffen Sie es, dass Sie diese Arbeit trotzdem so herzlich tun können“, wollte jemand wissen. „Aus Gnade tue ich das“, sagte er in unsere fragenden Gesichter hinein: „Gott hat mir mit seiner Gnade aus einer schweren Sucht geholfen, sonst wäre ich selbst auf der Straße gelandet, jetzt diene ich ihm hier; manchmal muss ich hart sein, aber immer herzlich!“