Große Herzlichkeit im Kirchenkreis Odi

Delegation aus dem Kirchenkreis macht viele Besuche

Vieles ist anders im Kirchenkreis Odi in Südafrika – manches wunderschön, anderes auch verwirrend. Der Gottesdienst dauert gerne einmal dreieinhalb Stunden, es gibt keine Orgeln in den Kirchen aber schon Grundschulkinder singen gekonnt vierstimmig, beim Einsammeln der Kollekte ist man so gar nicht zimperlich, „african time“ und deutsche Vorstellungen von Pünktlichkeit liegen meilenweit auseinander, in den Gemeinden des Kirchenkreises sind 16 Männer aber nur eine Frau im Pfarrdienst tätig. Dennoch: „Wenn dort etwas gut klappen und wirklich funktionieren soll, müssen es die Frauen organisieren“, hat Pastor Rainer Müller-Jödicke festgestellt.

Gemeinsam mit einer 14-köpfigen Delegation aus dem Kirchenkreis Burgwedel-Langenhagen kehrte der Engelbosteler Pastor und stellvertretende Superintendent Mitte Oktober von einer zweieinhalbwöchigen Reise nach Südafrika zurück. Seit 1983 besteht die Partnerschaft zwischen den evangelisch-lutherischen Kirchenkreisen Odi und Burgwedel-Langenhagen; gegenseitige Besuche in unregelmäßigen Abständen füllen sie mit Leben.

Odi liegt etwa 50 Kilometer nordwestlich von Pretoria, ist ländlich geprägt und wird überwiegend von Tswana bewohnt. 18 Kirchengemeinden mit vielen zum Teil weit auseinanderliegenden Predigtstellen werden von 17 Pastoren versorgt, die die einzigen hauptamtlichen Mitarbeiter in den Gemeinden sind. Mit finanzieller Hilfe aus dem Kirchenkreis Burgwedel-Langenhagen konnte in den vergangenen Jahren ein Gemeindezentrum mit Kirche und Übernachtungsmöglichkeiten in Hebron gebaut werden. „Wir konnten uns davon überzeugen, dass dieses sogenannte Dean Center fertig und nutzbar ist“, berichtet Dörte Behn-Hartwig, Leiterin der Delegation und eine der Hauptorganisatorinnen der Reise. „Nun können wir den Blick nach vorne auf neue Projekte richten.“

Eines dieser neueren Projekte, das vor knapp zwei Jahren angelaufen ist, ist der Austausch junger Menschen, bislang allerdings nur in Süd-Nord-Richtung. Oatshela Moleko, der in seiner Heimat Südafrika bereits Soziale Arbeit studiert hatte, kam Anfang 2016 für ein Jahr in den Kirchenkreis Burgwedel-Langenhagen, arbeitete als Freiwilliger in der Kindertagesstätte St. Marien in Isernhagen und lebte in der Familie Behn-Hartwig. „Er hat aus dieser Zeit sehr viel mitgenommen und war uns jetzt in Odi bei der Beurteilung möglicher gemeinsamer Projekte eine große Hilfe“, berichten Dörte Behn-Hartwig und Rainer Müller-Jödicke. Aktuell ist die junge Südafrikanerin Keoikantse Moche als Freiwillige in der Kita St. Martini in Brelingen tätig und auch für das kommende Jahr ist der Freiwilligendienst bereits organisiert: Goitseone Segwadi wird im März 2018 in der Kindertagesstätte St. Marien erwartet. „Mittelfristig wollen wir in Zusammenarbeit mit dem Evangelischen Missionswerk in Hermannsburg auch jungen Menschen aus unserem Kirchenkreis einen Freiwilligendienst in Südafrika ermöglichen“, erzählt Dörte Behn-Hartwig.

Als überwältigend empfanden die Reisenden aus dem Kirchenkreis Burgwedel-Langenhagen, unter ihnen sechs Jugendliche und junge Erwachsene, die Herzlichkeit, mit der sie in Gemeinden, sozialen Einrichtungen und Familien empfangen wurden. „Oft gehörte zu unserem Besuch ein gemeinsames Essen, das auf offenem Feuer vor dem Haus zubereitet wurde“, erzählt Rainer Müller-Jödicke. Als beeindruckend erlebte er auch den Besuch bei der Bürgermeisterin einer mittelgroßen Stadt im Kirchenkreis Odi: Zu Beginn und zum Abschied bat die Verwaltungschefin um gemeinsames Gebet und Segen.

„Ich bin immer wieder berührt von der Herzlichkeit, Heiterkeit und Wertschätzung im Umgang miteinander“, erzählt Dörte Behn-Hartwig, die bereits zum dritten Mal mit einer Delegation aus dem Kirchenkreis Burgwedel-Langenhagen in Südafrika war. Die christliche Sozialethik sei dort oftmals präsenter und werde stärker gelebt als in Europa – trotz aller Probleme, mit denen die Region zu kämpfen hat. Hohe Arbeitslosigkeit und das daraus folgende Fehlen von Perspektiven, Kriminalität und AIDS prägen die Gesellschaft; innerhalb des Kirchenkreises kommt eine ähnliche Entwicklung wie in den europäischen Kirchen hinzu: Die Zahl der Gottesdienstbesucherinnen und -besucher sinkt, die pfarramtlichen Aufgaben können manchmal nur noch mithilfe von Ruheständlern bewältigt werden, die Jugendarbeit ist aufgrund mangelnder Ressourcen zur Herausforderung geworden.

Für die Entwicklung der Partnerschaft zwischen den Kirchenkreisen Burgwedel-Langenhagen und Odi eröffnet sich damit eine veränderte Perspektive: „Es geht darum, die Herausforderungen, denen wir uns als Kirche stellen müssen, auf Augenhöhe zu diskutieren“, sagt Rainer Müller-Jödicke. Fortgesetzt wird diese Diskussion beim Gegenbesuch einer Delegation aus Odi, der voraussichtlich im Frühsommer 2019 erfolgen wird. Das kommende Jahr bleibt in beiden Kirchenkreisen einer anderen Herausforderung vorbehalten: Hier wie dort werden die Kirchenvorstände neu gewählt.

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