Gemeinsam.Demokratie.Stärken
Landesbischof und Superintendent appellieren an die Politik

In einem Schreiben wendete sich Landesbischof Ralf Meister am 1. Februar an alle Kirchengemeinden in der Evangelisch-lutherischen Landeskirche Hannovers. Die folgenden Sätze richtete er an beruflich und ehrenamtlich Mitarbeitende in den Gemeinden.
„Hinter uns liegt eine politische Woche, in der unsere parlamentarische Kultur Schaden genommen hat. Wir haben die Debatten im Parlament verfolgt oder sie in Ausschnitten zur Kenntnis genommen. Vorwürfe aller Parteien an den politischen Gegner verloren das Maß, wahltaktische Argumentationen dominierten. Die zentrale Sachfrage ‚Einwanderung‘ wurde für den politischen Vorteil instrumentalisiert.
Im Bundestag eine Stimmenmehrheit auf diesem Weg billigend in Kauf zu nehmen, um Lösungen für eine veränderte Einwanderungspolitik zu erzielen, ist im aktuellen Wahlkampf nicht hilfreich. Es erschwert alle Möglichkeiten für einen sachgerechten, demokratischen Konsens.
Die Herausforderungen für unser Land sind groß. Sie können nur in einem Konsens der demokratischen Parteien gelöst werden. Die Möglichkeiten dafür sind durch diese Woche für die kommende Bundesregierung nicht leichter geworden.
So frage ich mich: Was wird in diesen Wochen die Rolle der Kirche sein? Drei Dinge scheinen mir notwendig, die wir – unabhängig von unseren persönlichen parteipolitischen Neigungen – als Christ*innen verantwortlich tun sollten.
Menschenwürde, Nächstenliebe, Zusammenhalt
Zum Ersten müssen wir fortwährend auf die Grundlagen unseres politischen Gemeinwesens hinweisen. Das tun viele unserer Gemeinden bereits sichtbar mit ihrem Engagement für Menschenwürde, Nächstenliebe, Zusammenhalt. Das sind drei Begriffe, die wir vor jede politische Auseinandersetzung stellen. Diese Haltungen haben in den Augen vieler Christ*innen auch Auswirkungen auf unseren persönlichen und gesellschaftlichen Umgang mit geflohenen Menschen. Zusammenhalt ist keine neutrale Angelegenheit, sondern geschieht in unserem Land nur dann sachgerecht, wenn sie das Miteinander im Geist der Nächstenliebe gestaltet und die Würde jedes Menschen achtet.
Zum Zweiten: Wir beten für die Menschen, die politische Verantwortung übernommen haben. Wir bitten um ihre Klugheit und Kompromissfähigkeit, um ihre Besonnenheit und Menschenfreundlichkeit. Im Psalm 97 … geht es um die Gerechtigkeit und das Recht, die Gott zugeschrieben werden und die unsere Verpflichtung bleiben. …
Zum Dritten: Ich bitte Sie, nutzen Sie alle Ihre Kontakte zu Menschen in der Bundes- und Landespolitik. Suchen Sie das Gespräch. Laden Sie sie ein. Weisen Sie auf die gemeinsame Verantwortung hin, die wir in unserer Demokratie von ihnen in den Parlamenten erwarten. Unterstützen Sie ihre Anliegen und geben Sie Raum in ihren Kirchen und Gemeindehäusern für einen sachgerechten und fairen Dialog auch zwischen widerstreitenden Positionen.“
In einem Schreiben an alle Bürgermeister*innen der vier Kommunen im Kirchenkreis Burgwedel-Langenhagen sowie die Abgeordneten in Bundes- und Landtag aus der Region greift Superintendent Dirk Jonas unter der Überschrift „Gemeinsam.Demokratie.Stärken“ die Wahrnehmung Ralf Meisters auf und setzt einen zusätzlichen Akzent.
Vertrauen über Parteigrenzen hinweg
„Ich erlebe, dass demokratische Prozesse vor Ort in unseren Kommunen viel öfter gut gemeinsam gelingen als das mitunter öffentlich wahrgenommen wird“, so Jonas. „Man kennt sich über Parteigrenzen hinaus und arbeitet in der Regel konstruktiv zusammen. Zwar mag der Ton auch auf der lokalen Ebene rauer geworden sein in den letzten Jahren, trotzdem nehme ich gegenseitiges Vertrauen über Parteigrenzen der demokratischen Parteien wahr. Dafür bin ich – allgemein und besonders Ihnen – dankbar. Und ich möchte Sie darum bitten, alles in Ihrer Macht Stehende dazu beizutragen, dass wir weiterhin vor Ort aber eben auch darüber hinaus auf Landes- und Bundesebene (wieder) gemeinsam unsere Demokratie stärken.“
Jonas erinnert daran, dass die angeschriebenen Mandatsträger*innen vor Ort, auf Landes- und auf Bundesebene in besonderer Weise Verantwortung tragen für den Umgang untereinander in den Parlamenten: „Ich bitte Sie: Sorgen Sie über Parteigrenzen hinaus für sachgerechte und faire Dialoge auch zwischen widerstreitenden Positionen. Davon lebt unsere Demokratie – und sie lebt vom gegenseitigen Respekt und der Kompromissfähigkeit der demokratischen Parteien.“