„Füttern Sie Ihr Krokodil!“
20. Geburtstag der Lebensberatungsstelle in Langenhagen

Ihr 20-jähriges Bestehen feierte die Lebensberatungsstelle in Langenhagen jetzt mit einem Empfang und einem öffentlichen Festvortrag im Ratssaal des Langenhagener Rathauses. Sehr gerne habe er für diese Feier den Ratssaal zur Verfügung gestellt, erklärte Bürgermeister Friedhelm Fischer; er freue sich darüber, dass er als scheidender Amtsinhaber noch die Gratulation und den Dank der Stadt Langenhagen überbringen könne.
Mit vier Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern begann die Lebensberatungsstelle im Oktober 1994 ihre Arbeit; möglich wurde das Angebot durch eine Vereinbarung zwischen dem damaligen Kirchenkreis Hannover-Nord und der Stadt Langenhagen: Die Stadt trug damals die gesamten Kosten der Lebensberatungsstelle, der Kirchenkreis übernahm die Trägerschaft. Heute, 20 Jahre nach der Gründung, gehören neun Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zum Team der Lebensberatungsstelle, unterstützt werden sie von zwei freien Mitarbeiterinnen. Die Trägerschaft der evangelischen Beratungsstelle liegt beim Kirchenkreis Burgwedel-Langenhagen; finanziert wird die Arbeit in unterschiedlich großen Anteilen von der Stadt Langenhagen, der Evangelisch-lutherischen Landeskirche Hannovers, dem Kirchenkreis Burgwedel-Langenhagen und der Beratungsstelle selbst.
Rund 30 evangelische Lebensberatungsstellen gibt es auf dem Gebiet der Landeskirche Hannovers, die in Langenhagen aber, so Hans-Günter Schoppa in seiner Rede während des Geburtstagsempfangs, zeichne sich durch eine besondere Konstellation aus: „Die enge, kontinuierliche Zusammenarbeit zwischen Kirche und Stadt ist etwas Besonderes.“ Es sei bemerkenswert, dass in Langenhagen der Bedarf an fachlicher Beratung parallel zur Seelsorge schon 1994 erkannt worden sei, stellte auch Rainer Bugdahn, Leiter der Hauptstelle für Lebensberatung in der Evangelisch-lutherischen Landeskirche Hannovers, in seinem Grußwort fest.
„Das ganz normale Leben ist manchmal nur schwer auszuhalten“, erläuterte Hans-Günter Schoppa; vor diesem Hintergrund sei auch der etwas lapidare Name „Lebensberatungsstelle“ zu verstehen. Vielleicht, so zitierte er den nicht ganz ernst gemeinten Vorschlag eines Autors, sollten derartige Einrichtungen besser „Institut für die konstruktive Bewältigung von Übergangssituationen“ genannt werden.
Hanne Seemann, hier im Gespräch mit Hans-Günter Schoppa. Fotos: Andrea Hesse
Hanne Seemann, Diplom-Psychologin und Psychotherapeutin aus Heidelberg, stellte ihren rund einstündigen Vortrag über psychosomatische Störungen unter die Überschrift „Unser Körper als guter Lebensberater“. Wenn der Körper mit Schmerzen, anderen Krankheitssymptomen oder Verweigerung auf die Anforderungen des Alltags reagiere, tue er das im Auftrag der Seele, betonte sie: „Ihr Körper ist das ausführende Organ – seien Sie froh, wenn er sich traut, zu Ihnen zu sprechen.“ Die oftmals folgende Frage nach dem Warum sei allerdings eher verschleiernd als erhellend: „Fragen Sie Ihren Körper lieber, was Sie tun können, damit er Sie nicht mehr stören muss“, so Hanne Seemann. „Wenn Sie das etwas einüben, wird Ihnen Ihre Seele antworten.“ Moderne Lebenswege seien oftmals sehr konstruiert und auf theoretischen Überlegungen aufbauend, berichtete die Psychotherapeutin aus der Erfahrung ihrer Beratungsgespräche. Diese Lebenseinstellung führe manchmal zu psychosomatischen Störungen, während viel Arbeit und auch Stress Menschen auf dem Weg zur Lebensmitte nicht krank machten.
„Füttern Sie Ihr Krokodil“, riet die Referentin ihrer Zuhörerschaft. „Jeder hat ein Krokodil – es ist mit Ihnen geboren worden und sitzt in Ihrem Stammhirn. Es hat den Instinkt zu wissen, was gut für Sie ist und was nicht.“ Für die Zeit nach der Lebensmitte, etwa ab dem 45. Lebensjahr, riet sie zu einer entspannten Lebenshaltung: „Wenn man älter wird ist es eine gute Haltung zu schauen, was passiert, was kommt.“ Und: „Wenn man bergab geht, hat man das ganze Panorama vor sich – man kann mäandern, Umwege gehen und die Gegend aufsuchen, in der die Seele zuhause ist.“