ESC-Nachlese

Pastor Rainer Müller-Jödicke, Ev.-luth. St.-Martins-Kirchengemeinde Engelbostel

© Bornemann
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Es war ein gigantisches Fest gestern Abend in Malmö: 39 Länder feiern zusammen ein Musikfestival. Von Portugal bis Aserbeidschan fiebern Menschen vor den Fernsehern mit und vergießen ein paar „Teardrops“, wenn die persönlichen Favoriten ihre Sache gut gemacht haben. Viele haben in ihren Landessprachen gesungen: Bei den Ungarn und Litauern haben wir mal wieder nicht mal den Hauch einer Ahnung gehabt, um was es ging in dem Beitrag, doch haben alle vor der Bühne kräftig ihre Fähnchen geschwungen und gefeiert. Es gab in diesem Sprachengewirr etwas gemeinsames, und das ist die Musik. Das war die geniale Idee der Väter des ESC-Wett­bewerbs vor fast 60 Jahren, als sie im Nachkriegseuropa diese Gemeinschaftsparty zum ersten Mal stattfinden ließen. Es war die Hoffnung auf „Ein bisschen Frieden“. Jetzt öffnen sich sogar Länder, mit denen sonst keiner was zu tun haben will.

Dieser Grundgedanke, dass verschiedenste Menschen einen verbindenden gemeinsamen Geist der Musik in sich spüren, den sie alle verstehen, weil das im Grunde genommen ein pfingstlicher Gedanke ist. Auch damals, vor 2000 Jahren, war es ein großes Fest, als das erste Pfingstfest stattfand. Alle waren in die Hauptstadt Israels geströmt: Elmaiter und Perser, Leute aus Pamphylien und Phrygien, Römer und Ägypter. Denn die Juden feierten zusammen ein großes Fest, das Bundesfest! Jedes Jahr wird das gefeiert, und die Menschen feiern, dass Gott einen Bund mit uns Menschen geschlossen, hat, dass Gott sich an uns bindet und uns im Leben begleiten und stärken will. Doch in dem Jahr war etwas anders und noch viel stärker.

Gepackt hat sie alle damals dieser Heilige Geist, da war auch etwas Musik dabei, denn es wird erzählt, dass die Jünger in ihrem Haus kräftig gesungen haben, und dann ging alles los. Die Leute dachten ja zwischenzeitlich, dass die Jünger schon sowas wie den griechischen Beitrag „Alkohol is free“ im Kopfe hatten, denn man hielt ihnen vor, sie seien betrunken, so aufgedreht waren sie. Doch dann schickten die Jünger ihren besten Mann nach draußen: Großbritannien hatte gestern seinen alternden Weltstar Bonnie Tyler aufgeboten, Georgien schickte sogar ein Duett auf die Bühne, doch Petrus kam allein. Er hielt eine flammende Rede, die Missionsrede seines Lebens: Nicht über das Weihnachtskind Marco aus Italien, sondern über das echte Weihnachtskind, diesen Jesus, der in einer Krippe geboren worden war, der gekreuzigt wurde und auferstanden ist, und an den sie nun glaubten. Er hatte kein dünnes Stimmchen wie die Spanierin, auch keine irritierende Stimmlage wie der Countertenor aus Rumänien, sondern war fröhlich wie der grinsende Kinderarzt aus Malta: Und er hat sie alle gepackt, tausende Menschen, beeindruckt hat er mit seinem Glaubensbekenntnis, das einfach ansteckend war. Dabei hat er die Menschen einbezogen: Peter Urban würdigte gestern ebenso, wie das Publikum einbezogen wurde. Maler und Künstler haben sie die Menge so vorgestellt, dass sie aussahen wie der Isländer mit langem Haar und Bart, die Frauen trugen wohl weiße Kleider mit schmuckem Kragen wie die Estin, unter allen kam Partystimmung auf wie beim Auftritt von  Cascada: Filmemacher würden das Herabkommend es Heiligen Geistes wohl so darstellen wie den Feuerregen beim dänischen Siegertitel. Am Ende gab es „12 Punkte für den Heiligen Geist“, durch den alle fühlten: „We are one“. Durch ihn haben sich schließlich mehrere tausend Menschen bewegen und sich taufen lassen. Das war das erste Pfingstfest, so etwas wie der Geburtstag der Kirche, den wir heute feiern.

 

 

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