„Es wird ohne sie gehen müssen“

Elke Jüngling wurde aus ihrem Amt als Lektorin verabschiedet

Nach fast 35 Jahren Engagement in der Christophorus-Kirche wurde Lektorin Elke von Pastor Thorsten Buck in den Ruhestand verabschiedet. Foto: Anke Wiese
Nach fast 35 Jahren Engagement in der Christophorus-Kirche wurde Lektorin Elke von Pastor Thorsten Buck in den Ruhestand verabschiedet. Foto: Anke Wiese

„Es wird ohne Sie gehen müssen, aber es wird komisch sein“, sagt Pastor Thorsten Buck im persönlichen Gespräch zu Elke Jüngling. Der Theologe aus der evangelischen Kirchengemeinde Bissendorf verabschiedete die 75-Jährige jetzt in einem Gottesdienst in der Christophorus-Kirche in Bissendorf-Wietze aus ihrem Amt als Lektorin in den Ruhestand. „Ich möchte den Zeitpunkt, an dem ich aufhöre, selbst bestimmen, möchte nicht, dass die Leute hinter vorgehaltener Hand sagen, jetzt werde es aber langsam Zeit. Ich habe das Gefühl, dass jetzt der richtige Zeitpunkt ist“, sagt Elke Jüngling. Im Christophorus-Beirat, bei Geburtstagsbesuchen und bei der Gestaltung des 70-plus-Nachmittags sowie des Frauenfrühstücks wird sich die engagierte Christin aber auch weiterhin einbringen. 

In der Kirchengemeinde St. Michaelis und in der Christophorus-Kirche ist sie so etwas wie eine Institution – am 30. September 1984 hielt sie ihren ersten Gottesdienst als Lektorin. Texte gelesen hatte sie in den Andachten vorher schon, doch niemals einen Lehrgang besucht, wie er heute für Lektorinnen und Lektoren vorgeschrieben ist. Der damalige Superintendent Detlef Preuschoff ernannte Quereinsteigerin Elke Jüngling gemeinsam mit Dieter Battmer und Heinrich Beyer 1997 nachträglich zu Lektoren.

Insgesamt 117 Lesepredigten hielt Elke Jüngling seit 1984 allein in der Christophorus-Kirche; daneben predigte sie auch in den benachbarten Kirchengemeinden und gestaltet Friedens- und Frauengottesdienste mit. Von 1994 bis 2011 arbeitete sie stundenweise im Pfarrbüro, bis sie dort von Sabine Köhn abgelöst wurde. Auch diese Tätigkeit machte ihr viel Spaß, doch mit Herz und Seele war Elke Jüngling vor allem Lektorin.

„Ich habe mir alles, was ich brauchte, selber angeeignet“, erzählt sie. Ebenso wie von Thorsten Buck sei sie auch schon von den Pastoren Surm und Hirschberg vertrauensvoll unterstützt worden. Im Rückblick erinnert sie sich besonders an das Jahr, in dem der Jahrestag der Reichspogromnacht am 9. November auf einen Sonntag fiel und sie als Lektorin im Einsatz war. „Ich habe damals einen Eimer mit Glasscheiben mitgenommen und mitten im Gottesdienst einen großen Stein hineinfallen lassen. Bei dem lauten Klirren zuckten alle zusammen. ,Und das will keiner gehört haben damals?‘, habe ich gefragt“, erzählt sie. Den Altar gestaltete sie passend zu ihrer Predigt mit Glasscherben, einem Stein, Stacheldraht und einer Rose.

Elke Jüngling habe in ihren Gottesdiensten immer gerne und viel gesungen, oft den vorgeschlagenen Liedern noch weitere hinzugefügt, verrät Pastor Thorsten Buck. „Aber ich wähle nur Lieder aus, die ich kenne und selber mitsingen kann“, sagt Elke Jüngling dazu. Aktuell mag sie die neueren Lieder sehr, bindet aber immer auch ein oder zwei ältere Lieder in ihre Gottesdienste ein. Eines ihrer Lieblingslieder sei „Morgenlicht leuchtet“, erzählt die begeisterte Kirchentagsbesucherin, die sich bei diesen Veranstaltungen gern inspirieren ließ und herumstöbert. „Manchmal trifft einen was und spricht einen an, manchmal überhaupt nicht“, hat sie festgestellt. Auf die Frage von Pastor Thorsten Buck, ob sie immer schnell gemerkt habe, ob ein Predigttext zu ihr passe, antwortet sie ehrlich: „Ja, sehr schnell. Und wenn nicht, habe ich ihn auch nicht genommen.“ Mit dem Predigttext beispielsweise, der für den Frauensonntag im vergangenen Jahr vorgeschlagen worden war, habe sie gar nichts anfangen können, habe ihn immer wieder studiert, aber nicht verstanden. 

„Das ist die Stärke von Ehrenamtlichen im Verkündigungsdienst, dass sie auch mal eine andere Realität einbringen als ich als Pastor unter meiner Käseglocke“, sagt Thorsten Buck.

 

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