Erste Hilfe für die Seele
Notfallseelsorge im Kirchenkreis hat viele Gesichter

„Wenn wir gerufen werden, dann ist es wirklich schlimm“, sagt Rainer Müller-Jödicke. Gemeinsam mit anderen evangelischen Gemeindepastorinnen und -pastoren im Kirchenkreis Burgwedel-Langenhagen übernimmt der Seelsorger aus Engelbostel regelmäßig Dienste in der Notfallseelsorge (NFS), die auf Kirchenkreisebene von Pastor Karl-Martin Harms koordiniert wird. Auch Michael Habel, katholischer Gemeindereferent, und ein ehrenamtlich Tätiger aus der Wedemark gehören dem Notfallseelsorgesystem im Kirchenkreis an.
Notfallseelsorgerinnen und -seelsorger kommen überall dort zum Einsatz, wo durch ein Ereignis im Leben der Betroffenen nichts mehr so ist, wie es Minuten zuvor noch war – sie leisten Erste Hilfe für die Seele. „Nur im Tatort kommt der Kommissar mit einer Todesnachricht alleine an die Wohnungstür“, sagt Müller-Jödicke. Im „echten“ Leben sind Einsatzkräfte von Polizei, Feuerwehr und Rettungsdiensten dankbar, wenn sie die Notfallseelsorge bei solchen Einsätzen an ihrer Seite wissen. „Notfallseelsorge macht deutlich, welche Bedeutung eine tragende Gemeinschaft in besonderen Situationen hat“, sagt Pastorin Jessica Jähnert-Müller aus Kirchhorst, die sich regelmäßig in den NFS-Dienstplan einträgt. „Es ist eine gesellschaftliche Aufgabe für uns als Kirchen, da zu sein, wo Not und Leid sind“, formuliert es Gemeindereferent Habel.
Die Notfallseelsorge in der Evangelisch-lutherischen Landeskirche Hannovers ist in 51 Systemen organisiert; in den meisten Fällen entsprechen diese Systeme dem Zuschnitt der Kirchenkreise. Etwa 800 hauptamtlich Tätige, überwiegend Pastor*innen und Diakon*innen, und etwa 130 ausgebildete ehrenamtlich Tätige engagieren sich landeskirchenweit in der Notfallseelsorge; im Kirchenkreis Burgwedel-Langenhagen sind es 20. „Wir legen großen Wert darauf, dass unsere Mitarbeitenden sorgfältig ausgebildet sind und vor Ort gut begleitet werden“, sagt Joachim Wittchen, landeskirchlicher Beauftragter für Notfallseelsorge. Jessica Jähnert-Müller betont die Bedeutung der Ausbildung, die in Form von Grundmodulen und Aufbaukursen organisiert ist: „Seelsorge ist eine Grundaufgabe der Kirche, aber für die Notfallseelsorge ist eine spezielle Vorbereitung sehr wichtig.“ Wichtig ist ihr auch der kollegiale Umgang miteinander: Nach anstrengenden Notfallseelsorgeeinsätzen springen Kolleginnen und Kollegen aus Nachbargemeinden füreinander ein, um das Verarbeiten des Einsatzes in Ruhe zu ermöglichen. Als Beauftragter für die Notfallseelsorge steht Karl-Martin Harms jederzeit für Nachgespräche zur Verfügung. „Die Notfallseelsorge ist ein ausgesprochen anspruchsvoller Dienst“, sagt er. Zur Verfügung stehen die Notfallseelsorgerinnen und -seelsorger auch dann, wenn Mitarbeitende der Feuerwehren oder der Rettungsdienste nach schweren Einsätzen selbst Erste Hilfe für die Seele brauchen.
Im Jahr 2020 wurden die NFS-Mitarbeitenden zu insgesamt 20 Einsätzen auf dem Gebiet des Kirchenkreises Burgwedel-Langenhagen gerufen; elf dieser Einsätze fanden im sogenannten innerhäuslichen Bereich statt. Vermutlich aufgrund der Nähe zu den viel befahrenen Autobahnen A2 und A7 ist im Kirchenkreis die Zahl der „außerhäuslichen“ Einsätze, etwa bei größeren Verkehrsunfällen, vergleichsweise hoch. In diesem Zusammenhang habe der Dienst des ehrenamtlich Mitarbeitenden besondere Bedeutung, erzählt Harms: „Er ist auch bei der Freiwilligen Feuerwehr aktiv und damit für die Einsatzkräfte vor Ort ein vertrautes Gesicht.“
Interessierte, die als ehrenamtlich Tätige in der Notfallseelsorge mitarbeiten wollen, absolvieren zunächst eine Seelsorgeausbildung und können sich anschließend in landeskirchlichen Fortbildungen für die Tätigkeit in der Notfallseelsorge qualifizieren. Für alle Fragen zur Notfallseelsorge steht Pastor Karl-Martin Harms unter karl-martin.harms@evlka.de oder 0171 275 93 07 zur Verfügung.