„Eine profilierte evangelische Bildung muss her“

Erste Folgerungen aus der aktuellen Kirchenmitgliedschaftsuntersuchung

Foto: Andrea Hesse
Foto: Andrea Hesse

Einen Zwischenruf zur aktuellen Mitgliedschaftsstudie der EKD gestaltete Christian Frehrking, Mitglied des Kirchenkreisvorstandes und Vorsitzender des Kirchenvorstandes in Engelbostel, während der Kirchenkreistagssitzung am 1. Dezember. Alle zehn Jahre befragt die Evangelische Kirche in Deutschland Mitglieder und Konfessionslose in einer repräsentativen Umfrage, um aus den Ergebnissen eine Art Wegweiser für kirchenleitendes Handeln zu entwickeln. Begonnen wurde dieses Vorgehen vor 40 Jahren; die zurzeit aktuelle KMU (Kirchenmitgliedschaftsuntersuchung) ist die fünfte ihrer Art.

„Kein anderes Land – außer einigen wenigen säkularen Staaten – hat das Nachdenken über existenzielle Fragen so privatisiert wie wir“, leitete Christian Frehrking seinen Zwischenruf ein. Deutliche Hinweise auf diese Tatsache geben die Antworten auf die KMU-Frage „Tauschen Sie sich mit den folgen Personen über den Sinn Ihres Lebens aus?“: Nur jeweils 21 Prozent der befragten Kirchenmitglieder sprechen mit anderen Gemeindegliedern oder kirchlichen Mitarbeitenden über diese existenziellen Fragen; mit Kolleginnen oder Kollegen suchen gar nur zehn Prozent ein solches Gespräch. Noch irritierender, so Christian Frehrking seien die Antworten auf die Frage „Bei welchen Gelegenheiten tauschen Sie sich über den Sinn Ihres Lebens aus?“: Nur 23 Prozent der befragten evangelischen Menschen tun dies in der Kirche, weitere acht Prozent bei kirchlichen Diensten.

Ein deutliches Signal, so Christian Frehrking, gehe auch von den Antworten auf die Frage nach dem „Kerngeschäft“ der Kirche aus: Die Verkündigung der christlichen Botschaft und der Raum für Gebet und Besinnung erfahren unter Konfessionslosen deutlich mehr Zustimmung als das Engagement in politischen Fragen. Nur 17 Prozent der Konfessionslosen wünschen sich von der Kirche Antworten auf politische Grundsatzfragen; 37 bzw. 42 Prozent dagegen halten Verkündigung, Besinnung und Gebet für wichtige Aufgaben der Kirche. Bei Kirchenmitgliedern machen die zustimmenden Antworten einen jeweils deutlich höheren Prozentsatz aus; auch hier aber ist die Zustimmung zur Verkündigung deutlich größer als zum politischen Engagement.

Wenig überraschend ist das Ergebnis, dass Kirchenmitglieder mit einer intensiven Mitgliedschaftspraxis, also Menschen, die sich in ihrer Gemeinde oder einer kirchlichen Einrichtung engagieren, eine deutlich stärkere Verbundenheit mit ihrer Kirche empfinden als andere. Alarmierend erscheint dagegen die Absichtsbekundung vieler junger Menschen, so bald wie möglich aus der Kirche auszutreten: 19 Prozent der 14- bis 21-Jährigen in Westdeutschland äußerten diese Absicht, zwölf Prozent sind es in Ostdeutschland. „Diese Zahlen müssen uns zu denken geben, denn sie betreffen diejenigen, die wir eigentlich mit der Konfirmation und daran anschließenden Angeboten noch erreichen sollten“, stellte Christian Frehrking fest.

Welcher Auftrag folgt nun aus den ersten veröffentlichten Ergebnissen der Mitgliedschaftsstudie? Religion, so Christian Frehrking, sei zwar deutlich als Privatsache benannt worden, dennoch müsse die Verkündigung des Evangeliums als öffentlicher Auftrag an alle Christinnen und Christen verstanden werden. Aus den Antworten der Befragten lasse sich zudem der Auftrag ableiten, die vorhandenen Stärken in den Handlungsfeldern Verkündigung und Diakonie weiter auszubauen und diesen Vorrang gegenüber politischen Themen einzuräumen. Da die Weitergabe des Glaubens in der Regel nicht mehr in den Familien geschehe, müsse Kirche sich darüber hinaus stärker für eine evangelische Sozialisation in Kindertagesstätten und in der Jugendarbeit engagieren: „Eine profilierte evangelische Bildung muss her!“

Schließlich, so Christian Frehrking abschließend, gehe es auch darum, den Gottesdienst als Schatz und echte Chance zu entdecken, ihn in ganz unterschiedlichen Formen zu feiern und sich dabei nicht von befürchteten Empfindlichkeiten behindern lassen: „Keine Angst, die verschiedenen Zielgruppen halten das und sich gegenseitig gut aus.“

Engagement und Indifferenz

Die fünfte Kirchenmitgliedschaftsuntersuchung der EKD trägt den Titel „Engagement und Indifferenz. Kirchenmitgliedschaft als soziale Praxis“. Erste Ergebnisse der Untersuchung und daraus abgeleitete Folgerungen sind in einer 134-seitigen Broschüre veröffentlicht worden, die bei der EKD unter der Anschrift versand@ekd.de gegen einen geringen Unkostenbeitrag angefordert werden kann. Die Broschüre steht im PDF-Format auch zum Download auf der EKD-Seite bereit; zu finden ist sie über den Link http://www.ekd.de/download/ekd_v_kmu2014.pdf

 

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