Eine neue Verfassung für die Landeskirche

Dokument löst den bisherigen Text aus dem Jahr 1965 ab

Synodenpräsident Dr. Matthias Kannengießer (links) und Landesbischof Ralf Meister unterzeichneten die neue Verfassung im Mai 2019; am 1. Januar 2020 trat sie in Kraft. Foto: Jens Schulze
Synodenpräsident Dr. Matthias Kannengießer (links) und Landesbischof Ralf Meister unterzeichneten die neue Verfassung im Mai 2019; am 1. Januar 2020 trat sie in Kraft. Foto: Jens Schulze

Zum Jahresbeginn 2020 hat die Evangelisch-lutherische Landeskirche Hannovers mit ihren 1.248 Kirchengemeinden und 48 Kirchenkreisen eine neue Verfassung erhalten. Mehrere Jahre dauerte die Vorbereitung der neuen Fassung des kirchlichen „Grundgesetzes“; viele Einzelpersonen, Kirchengemeinden und Kirchenkreise – unter ihnen auch der Kirchenkreis Burgwedel-Langenhagen, beteiligten sich mit mehr als 400 Stellungnahmen am Entstehungsprozess des neuen Textes.

Die neue Verfassung löst die bisherige aus dem Jahr 1965 ab, die an vielen Stellen nicht mehr zur Wirklichkeit des Lebens in unserer Kirche und zu ihrer veränderten Stellung in der Gesellschaft passte. „Mit ihrem Grundauftrag, das Evangelium in Wort und Tat zu verkündigen, steht unsere Kirche in der heutigen säkularen, multireligiösen und pluralen Gesellschaft vor ganz anderen Herausforderungen als vor mehr als fünfzig Jahren“, sagen der Geistliche Vizepräsident Arend de Vries und Oberlandeskirchenrat Dr. Rainer Mainusch aus dem Landeskirchenamt Hannover.

In einer Kirchenverfassung gibt die Landeskirche Auskunft darüber, wie sie sich selbst, ihre Stellung in der Gesellschaft und ihre Arbeit versteht. Darüber hinaus regelt die Verfassung auf verlässliche und transparente Weise das Miteinander zwischen den Ebenen Kirchengemeinde, Kirchenkreis und Landeskirche, ebenso zwischen den ehrenamtlich und den beruflich Mitarbeitenden.

„Die Kirche der Zukunft wird sich um ihres Auftrages willen in vielerlei Hinsicht verändern, verändern müssen“, betonen de Vries und Mainusch. „Das Grundanliegen der neuen Verfassung ist es darum, diese Veränderungen zu ermöglichen und neue Ideen zu fördern.“ So sollen unter anderem junge Menschen mehr Mitspracherecht erhalten, die Kirchengemeinden und Kirchenkreise vor wesentlichen Veränderungen in der gesamten Kirche befragt werden, neben der traditionellen Form einer Kirchengemeinde auch Personalgemeinden gebildet werden können, neuere Formen geistlichen Lebens, Gemeindebildung auf Zeit und selbständige Geistliche Gemeinschaften ausdrücklich als Teil der einen Kirche begrüßt werden.

Ebenso große Bedeutung haben die Aussagen der neuen Kirchenverfassung zur Rolle der Kirche in der Gesellschaft: Die Kirche bekennt sich zum demokratischen und sozialen Rechtsstaat. Sie weiß sich den christlichen Werten von Menschenwürde und Menschenrechten verpflichtet und tritt ein für Frieden, Gerechtigkeit und Bewahrung der Schöpfung in einer offenen und solidarischen Gesellschaft. Die Kirche bekennt sich zu ihrem Öffentlichkeitsauftrag und versteht sich darum als Teil der Zivilgesellschaft. Christinnen und Christen nehmen Verantwortung für das Gemeinwesen wahr und engagieren sich darin.

Neben der Zusammenarbeit mit anderen christlichen Kirchen auf dem Gebiet der Landeskirche und weltweit kommen in der neuen Verfassung auch die anderen Religionen in den Blick. Ein besonders Gewicht kommt dabei dem Respekt gegenüber dem Judentum zu: Im Wissen um ihre historische Schuld sucht die Kirche nach Versöhnung und tritt jeder Form von Judenfeindlichkeit entschieden entgegen.

Insgesamt, so betonen es de Vries und Mainusch, sei die neue Kirchenverfassung darauf ausgerichtet, den Auftrag der Kirche, das Evangelium zu verkündigen, in den Mittelpunkt zu stellen. Das komme im zehnten von insgesamt 87 Artikeln in aller Schlichtheit und Klarheit zum Ausdruck, in dem die Kirche als „Einladende Kirche“ beschrieben wird: „Alle Menschen sind eingeladen, das Evangelium zu hören, am kirchlichen Leben teilzunehmen und christliche Gemeinschaft zu erfahren. Nicht Getaufte werden begleitet und zur Taufe ermutigt. Ausgetretene bleiben eingeladen, wieder Mitglied der Kirche zu werden.“

Den gesamten Wortlaut der Kirchenverfassung und Erläuterungen zu den einzelnen Artikeln finden Interessierte unter www.kirchenverfassung2020.de

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