„Diesmal wird es anders zu Weihnachten“
Superintendent Martin Bergau

„Diesmal wird es anders zu Weihnachten“, sagte sie, als wir uns beim Einkauf trafen. Wir warteten gemeinsam in einer recht langen Schlange ungeduldiger Kunden an den Kassen. Von ihnen waren aber nur zwei geöffnet. Wir hatten also Zeit und schoben den Einkaufswagen langsam nach vorn. „Ich fliege mit meinem Mann in die Sonne und liege an Heiligabend am Strand. Frühbucherrabatt macht’s möglich. Keine Hektik, Ruhe pur.“ Ich sah ihre Vorfreude, als wir nach und nach unsere Wagen der Kasse näher schoben. Das war im letzten Jahr.
Vor ein paar Tagen habe ich sie zufällig getroffen, und wir kamen ins Gespräch. „Und wie ist es in diesem Jahr? Wieder die wärmende Sonne an Weihnachten?“ „Nein, wir bleiben hier.“ Das klang ganz bestimmt. Ich war neugierig geworden. Also fragte ich nach. „Es war so ein merkwürdig unbestimmtes Gefühl. Es fehlte etwas. Wir saßen abends im Lokal, es gab ein schönes Essen, und die Weihnachtsmusik dudelte auch. Sogar einen Weihnachtsbaum hatten sie aufgestellt, für die Touristen. Mir kam alles unwirklich vor.“
Sie klang zufrieden mit ihrer Entscheidung, jetzt doch und auch gern hier zu sein.
Weihnachten ist ein Fest der Gefühle. Viele erinnern sich, an ihre Kindheit etwa. Oder auch an den ersten Schlitten, den Trecker unter dem Weihnachtsbaum. Bestimmte Traditionen gehören dazu. Geprägte Abläufe.
Doch was so vertraut ist, will auch in Gang gebracht werden. Vorbereitungen sind nötig. Das kann auch Druck erzeugen. Das gilt besonders dann, wenn der Alltag selbst eng getaktet ist. Arbeit und Familie, alles „unter einen Hut“ zu bekommen, kostet Kraft. Da kann einem schon die Puste ausgehen, wenn die Festtage nahen.
Die Vermeidung jedoch kann nicht das Ziel sein.
Warum Weihnachten? Ein Kind kommt auf die Welt. Sie ist aufgewühlt. Die Eltern leben in wirklich spannungsreichen Verhältnissen. Sie sind bald auf der Flucht. Kein geregelter Alltag sorgt für die nötige Wärme. Wohl aber die Liebe der Eltern.
Über diesem Geschehen ging der Stern auf, und die Himmel öffneten sich. So begann Gottes Geschichte mit den Menschen, als Kind in bedrängenden Zeiten. Jesus von Nazareth.
Er wird als Erwachsener den Menschen Mut machen. Er wird mit denen das Leben teilen, die auf den Schattenseiten nur mit Mühe zurechtkommen. Kranke erhalten ihre Würde zurück, und der einfache Fischer wird zum Lehrenden. Davon wird bis heute erzählt.
Schaue ich darauf, dann brauche ich an Weihnachten nicht den perfekten Ablauf. Ich lasse mich auch von den mich umgebenden Werbeprospekten reizen. Für mich bleibt es das Wunder, von dem ich erneut höre. Mit meiner Stimme schwinge ich mich mit Vielen ein: …freue, freue dich, o Christenheit…“ Das will ich mir nicht entgehen lassen. Dafür braucht es nicht die Reise in die Sonne zu winterlicher Zeit.
Es begann zu regnen, und wir verabschiedeten uns. „Und dann schöne Weihnachten.“ Sie wird nun neu entscheiden, was für sie Weihnachten bedeuten mag.
Kein Tipp, sondern christliche Hoffnung aber ist: An den Ursprung der Weihnacht gehen. Da, wo alles anfing. Hier ist die Quelle für eine Weihnachtsfreude, die sich nicht in gut organisierten Plänen für das Fest erschöpft. Sie ergreift unser Herz und unsere Seele.