Die Geschichte vom Baumfäller
Pastorin Marieta Blumenau, Ev-luth. Emmauskirchengemeinde Langenhagen

Man sagt manchmal den Protestanten nach, dass sie übertrieben pflichtbewusst sind. Dass sie immer nur sehen, was man noch alles tun müsse. Und dass sie gar nicht zu feiern und zu entspannen wüssten. Ist das so? Wenn ja, dann kenne ich eine gute Geschichte für solche Zeitgenossen. Es ist die Geschichte vom Baumfäller.
Ein Holzfäller wollte sich beruflich verändern und sprach bei einer großen Holzfirma vor. Das Gehalt war dort sehr viel besser – und es gab auch zusätzliche Erfolgsprämien. Er bekam die Arbeit. Am ersten Arbeitstag in der neuen Firma nahm er sich vor, einen guten Eindruck zu machen. Er erschien schon vor dem offiziellen Arbeitsbeginn und stellte sich dem Vorarbeiter vor. Der gab ihm seine persönliche Axt und wies ihn genau an, welche Bäume gefällt werden sollten. Der Baumfäller arbeitet den ganzen Tag mit voller Kraft und hatte am Abend 18 Bäume geschafft. „Herzlichen Glückwunsch!“ sagte der Vorarbeiter. „Weiter so!“ Angestachelt von diesem Lob nahm er sich vor, am kommenden Tag noch mehr zu schaffen und ging deshalb sehr früh schlafen. Am zweiten Morgen war er wieder vor allen anderen im Wald und legte los. Trotz aller Anstrengung aber schaffte er nur 15 Bäume. „Sicher war ich nur müde“, sagte er sich und ging am Abend schon vor Sonnenuntergang ins Bett. Doch er schaffte am nächsten Arbeitstag nur noch 12 Bäume. Und am Tag darauf waren es ganze 8. Und dann – am letzten Tag der Arbeitswoche - schaffte er nur noch zwei Bäume. Er war sehr unsicher, als der Vorarbeiter bei Arbeitsschluss überall nach dem Rechten sah, und schwor Steine und Bein, dass er mit voller Kraft geschuftet hatte. Aber der Vorarbeiter fragte ihn nur: „Wann hast du deine Axt das letzte Mal geschärft?“ „Die Axt schärfen?“ fragte er zurück. „Aber dazu hatte ich doch keine Zeit, ich musste doch die ganze Zeit Bäume fällen…!
Das ist die Geschichte von Baumfäller. Eine Geschichte, die von der falschen Arbeitsmoral handelt. Auch der größte Einsatz nützt nichts, wenn da nur noch Schufterei ist – und sonst nichts. Das ist – wie mit einer stumpfen Axt arbeiten. Es ist gut, mit voller Kraft zu arbeiten. Aber es muss auch Zeit da sein zum Ausruhen und Zeit für Lebensfreude. In der Bibel wird gesagt, dass auch Gott nach der Arbeit ausruhte. Nach der Schöpfung der Welt legte Gott am 7. Tag einen Ruhetag ein. Und diesen Ruhetag segnete Gott. Damit ist natürlich nicht gemeint, das Gott Ruhe bebraucht hätte. Sondern Gott wird in der Bibel als Vorbild für uns Menschen genannt. Denn wir Menschen brauchen freie Zeit. Ohne solche Stunden, in denen man den Kopf frei hat für andere Dinge, wird Arbeit zur bloßen Schufterei.