„Die Bibel ist klar in ihren Forderungen“

Sabine Dreßler beleuchtet in der Emmaus-Kirche das Thema Flucht und Migration

„Wir tun nur das, was von uns als Christinnen und Christen erwartet wird“: Sabine Dreßler in der Emmauskirche. Foto: Andrea Hesse
„Wir tun nur das, was von uns als Christinnen und Christen erwartet wird“: Sabine Dreßler in der Emmauskirche. Foto: Andrea Hesse

Sorgt für Recht und Gerechtigkeit in eurer Stadt – diese Botschaft Gottes an den Propheten Jeremia sei auch heute noch aktuell, erklärte Pastorin Sabine Behrens im Gottesdienst zum Buß- und Bettag in der Emmaus-Gemeinde. „Solche Fürsprecher und Streiter für die Schwachen, für Geflüchtete und Kranke, für Pflegebedürftige und für Pflegende brauchen wir heute auch – und wir sollten als Kirche unsere Stimme erheben.“

Sie sehe es als Herausforderung, in einer Gesellschaft, in der die Gräben tiefer werden, eine Streitkultur zu entwickeln, die alle anhört und niemanden ausgrenzt: „Es ist viel besser zu streiten und sich vielleicht auch aufzuregen, als eine Egal-Kultur zu pflegen“, so Sabine Behrens. Diesem Zweck diene auch der Abend des Buß- und Bettags in der Emmaus-Kirche: Er sei eine Möglichkeit zuzuhören, sich zu informieren und anschließend nach draußen zu gehen und, wenn nötig, für Gerechtigkeit zu streiten.

In einem Vortrag gleich im Anschluss an den Gottesdienst thematisierte Sabine Dreßler, Theologische Referentin der EKD für Menschenrechte, Migration und Integration, die Frage nach Gerechtigkeit und dem Auftrag der Kirchen. „Migration und das Leben im Exil, das Dasein als Fremder und die Aufnahme von Fremden, das Lebensgefühl von Minderheiten – das sind Hauptthemen in der Bibel“, so Sabine Dreßler. „Das Gefühl der Heimatlosigkeit gehört seit der Vertreibung aus dem Paradies zum Menschsein.“ Die Bibel nenne dazu ebenso die Verheißung wie die Schwierigkeiten, sei sehr klar in ihren Forderungen.

„Wir sind nicht weltfremd, wenn wir empfindsam bleiben für das Leid der anderen und die Würde anderer Menschen verteidigen. Wir sind keine Gutmenschen, wenn wir so handeln – wir tun nur das, was von uns als Christinnen und Christen erwartet wird“, stellte die Referentin klar. Der Autor Bert Brecht sei klarsichtig gewesen als er feststellte, Flüchtlinge seien Boten des Unglücks: „ Sie halten uns den Spiegel vor, in dem wir sehen, dass wir Teil haben an einer unmenschlichen Wirtschaftspolitik.“ Wichtig sei es, standhaft zu bleiben und auch angesichts einer sich verändernden Politik in der Hilfe nicht nachzulassen.

Zum Thema „Fluchtursachen bekämpfen“ fielen der Referentin durchaus andere Maßnahmen ein, als sie in der Politik gewöhnlich gehandelt werden: „Wir dürfen keine Waffen mehr exportieren, müssen für friedenspolitische Bildung vor Ort sorgen, den Landraub und damit die Spekulationsgeschäfte von Investoren beenden, den Klimawandel und sexualisierte Gewalt bekämpfen, wahrnehmen, dass oftmals nicht der Glaube in den Krieg führt sondern wirtschaftliche Konflikte religiös aufgeladen werden.“

Die EKD habe vor zwei Jahren sechs Millionen Euro an Hilfsgeldern freigegeben, berichtete Sabine Dreßler weiter. Dieses Geld fließe nach wie vor in mehr als 40 verschiedene Projekte der Soforthilfe und der nachhaltigen Unterstützung von Flüchtlingen: in die Seenotrettung im Mittelmeer, in Schutzprojekte in Griechenland, Sizilien und Ägypten, in Schulen im Libanon, in Freiwilligendienste, Bildungs- und Öffentlichkeitsarbeit. Wenn Kirche die Kirche Christi bleiben wolle, müsse sie in diesem Engagement fortfahren – auch in Zeiten härter werdender Auseinandersetzungen: „Im Haus Gottes können wir uns nicht als nicht zuständig erklären.“

 

 

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