„Die Ängste haben deutlich zugenommen“
Lebensberatungsstelle will finanziellem Defizit vorbeugen

„Ich bin sehr froh über die verlässliche Förderung der Lebensberatungsstelle durch die Stadt Langenhagen“, sagt Pastor Rainer Müller-Jödicke, stellvertretender Superintendent im Kirchenkreis Burgwedel-Langenhagen. „Diese Förderung macht es uns möglich, als Träger der Einrichtung ein niedrigschwelliges und gleichzeitig hochprofessionelles Angebot für die Menschen bereitzustellen.“
Jährlich werden in der Lebensberatungsstelle in Langenhagen etwa 400 Anmeldungen für Beratungen entgegengenommen; rund 1.000 Menschen werden damit erreicht. Diese Zahl ist auch in den beiden Corona-Jahren 2020 und 2021 relativ konstant geblieben: „Die Verluste an Anmeldungen während der Lockdowns zu Beginn der beiden Jahre wurden jeweils in der zweiten Jahreshälfte wieder aufgeholt“, sagt Diplom-Psychologe Bernd Buchholz, Leiter der Beratungsstelle. Dazu habe auch die Ausweitung des Angebotes auf Telefon- und Videoberatungen beigetragen, die nun die klassischen Beratungen in Präsenz ergänzen.
Miriam Temme, stellvertretende Leiterin der Lebensberatungsstelle, betont, dass das Angebot von Lebensberatung sowie Familien- und Erziehungsberatung auch während der Pandemie eine wichtige Funktion habe: „Wir merken, dass bei Kindern und Jugendlichen die Ängste deutlich zugenommen haben“, sagt die Beraterin. Viele hätten nur noch wenige Möglichkeiten des Kontakts zu Gleichaltrigen, vermissten ihre früheren Hobbys und litten unter Konflikten im Elternhaus, die durch die aktuelle Situation noch verschärft würden. „Insbesondere junge Erwachsene sind in dieser Zeit vielfach einsam und unglücklich“, sagt Temme weiter. „Durch die Umstellung des Studiums auf Online-Formate haben etwa Studierende kaum die Möglichkeit, andere kennenzulernen – sie grübeln viel oder werden depressiv.“
„Auch bei Älteren erleben wir viel Trauer“, ergänzt Bernd Buchholz. „Dadurch dass kaum noch Gruppenaktivitäten möglich sind, fühlen sie sich sehr auf sich selbst zurückgeworfen.“ Er empfiehlt in dieser belastenden Situation, nicht nur auf das Ende der Pandemie zu warten, sondern aktiv Ideen zu entwickeln, wie sich in und mit der aktuellen Situation leben lässt.
Sorgen bereitet dem Team der Lebensberatungsstelle der Blick in die Zukunft: Für den kommenden Finanzplanungszeitraum, der die Jahre 2023 bis 2028 umfasst, zeichnet sich für die Beratungsstelle ein Defizit ab. „Den genauen Fehlbetrag können wir noch nicht beziffern“, sagt Buchholz, möchte jedoch schon jetzt gegensteuern. Eine Erhöhung des Förderbetrages der Stadt Langenhagen, aktuell 75.000 Euro im Jahr, sei nicht zu erwarten, und auch der Kirchenkreis Burgwedel-Langenhagen könne vor dem Hintergrund schrumpfender kirchlicher Mittel seinen Beitrag von 27.400 Euro jährlich nicht erhöhen.
Um dennoch nicht ins Defizit zu schliddern, erhöht die Lebensberatungsstelle die Kostenbeiträge für ihre Klientinnen und Klienten. Die Erhöhung ist deutlich: Wurden bislang für ein Beratungsgespräch 25 Euro erbeten, werden es zukünftig 50 sein; der Beitrag für eine Paarberatung steigt von 50 auf 80 Euro. Dennoch: „Am Geld soll es niemals scheitern“, betont Miriam Temme. Das Team der Lebensberatungsstelle wendet dazu eine Abstufung der Kostenbeiträge an: Die neuen Beiträge für ein Beratungsgespräch können auf bis zu zehn Euro für Einzelpersonen und bis zu 20 Euro für Paare reduziert werden.
Wichtig ist es Buchholz und Temme, dass die Regelung des Kostenbeitrages auf einer Vertrauensbasis passiert: „Im Erstgespräch finden niedrigschwellig Absprachen statt und wir reagieren flexibel auf die finanziellen Möglichkeiten der Ratsuchenden.“ Dank einer Kooperation mit dem JobCenter ist gegen Vorlage eines sogenannten Beratungsscheines auch eine kostenfreie Beratung möglich.