Wer den Blick weitet, entdeckt den Aufbruch

Foto: Manfred Richter auf Pixabay
Foto: Manfred Richter auf Pixabay

Auch an Ostern herrscht der Tod. Da sind Kriege. Nicht einmal zu Ostern gelingt eine Waffenstillstandsvereinbarung. Kein Innehalten. Kein Durchatmen.

Da kommt es mir wirklich wie ein Wunder vor, dass trotzdem die Osterbotschaft verkündigt, gehört und geglaubt wird – bis heute.

Nur auf den Tod starren, lässt Menschen erstarren. Es gibt einen anderen Blick, um mit unserer Welt zurechtzukommen. Jesu Jüngerinnen und Jünger haben es erfahren – und viele Menschen seither.

Einer meiner eigenen letzten Auferstehungsaugenblicke war im Januar. So ein Moment, von dem ich nicht anders kann, als zu sagen: Da war Gott gegenwärtig. Da war er mit seinem Geist, seiner Hilfe, seiner Bewahrung. In der Reha nach meinem folgenschweren Sturz sagte mir einer vor ein paar Wochen: „Na, da hat dein Gott aber nicht gut auf dich aufgepasst.“ Ich hatte es anders empfunden, nämlich: Zum Glück ist mir nicht Schlimmeres passiert. „Vielleicht“, entgegnete ich ihm, „vielleicht hat er im Moment meines Fallens ziemlich gut auf mich aufgepasst.“

Heute glaube ich das. Gott war da. Hat mich vor Schlimmeren bewahrt. Und wenn ich darüber hinaus daran denke, dass nichts mehr ging (im wahrsten Sinne des Wortes), dann gehe ich heute einen Weg, und auf einmal kommt mir in den Sinn, so zwischendurch aus heiterem Himmel: Das ist ein kleines Wunder, dass ich schon wieder so gut auf den Beinen bin.

Wer den Blick weitet und nach Gott Ausschau hält, entdeckt mitten in aller Befangenheit durch den Tod den Aufbruch, den Anbruch von etwas Neuem. Knospen springen auf und blühen. Nächte werden hell und glühen. Auferstehung geschieht. Einfach so.

Ich glaube, wir begrenzen uns selbst in der Wahrnehmung unserer Welt, wenn wir immer nur den Tod anstarren. Wenn ich nur den 15 Minuten Nachrichten am Tag Glauben schenke. Wenn ich die Botschaft von der Auferstehung Jesu ausblende. Dann bin ich ärmer als ich sein könnte, weil mir entgeht, dass Auferstehung geschieht. Einfach so.

Klar, Ostern lässt sich nicht in Gestalt eines Beweises vorführen. Ich kann Ostern nicht „machen“. Was aber dann?

Gott ich bitte dich, das Unglaubliche wahrnehmen und spüren zu können.

Ich bitte dich, meinen Unglauben und meine Zweifel in Sehnsucht zu verwandeln.

Zeige dich als lebendige und Leben schaffende Kraft – an meiner Seite und für mich.

Für deine Welt.

Dann wird Ostern zum Fest neuen Lebens. Nichts hält mich mehr gefangen.

Da wird gesungen. Und wie! Unbeirrt und fröhlich.

So wie Mose und Miriam, Maria und Hanna gesungen haben: ein Lied, das vom Leben singt.

Lob des Schöpfers. Aus vollem Herzen. Und aus voller Seele.

Du meine Seele, singe, wohlauf und singe schön.

Amen.

Vielleicht wird bei Ihnen zu Ostern auch der Choral „Du meine Seele, singe" (EG 302) gesungen?

So oder so: Ich wünsche Ihnen zusammen mit denen, die Ihnen nahe stehen, eine besinnliche Zeit durch die Karwoche und dann von Herzen frohe und gesegnete Ostern.

Ihr Dirk Jonas

Superintendent

Zurück