„Safe Place“ aus Heu und aus Stroh
Weihnachten 2024
Kinder und Jugendliche sowie Mitarbeitende einer stationären Jugendhilfeeinrichtung, der ich seit langem verbunden bin, beschäftigen sich kürzlich mit der Frage: Was ist „(m)ein sicherer Ort?“. Aus der je eigenen Perspektive. Vor dem Hintergrund eigenen Erlebens.
Was brauche ich persönlich? Was brauchen wir gemeinsam, damit auch unser Arbeits- und Lebensraum „Kinderheim“ ein (möglichst) sicherer Ort ist? Wird. Bleibt. So gut es eben geht. Nicht himmlisch-ideal vollendet, sondern irdisch-real möglich. Ergebnis war eine kleine Ausstellung im Dachgeschoss mit gemalten Bildern und kurzen Texten: „(M)ein sicherer Ort …“
„Mama. Best Friends. Papa.“ / „Freunde. Meine Geschwister. Spielzeug. Was zu essen. Geburtstag feiern.“ / „Licht gibt mir Sicherheit, vor allem wenn es dunkel ist.“ / „Ein Ort an den ICH mich zurückziehen kann. Man darf sich auch streiten. Meine Meinung sollte auch zählen; ich will nicht, dass diese unterdrückt wird; auch Kinder können recht haben.“ / „Ein Dach über dem Kopf gibt mir ein sicheres Gefühl.“/ „Licht ist toll, dann hat man alles im Blick.“ / „Hobbys (Basketball, malen).“
So viele Ideen zu „safe places“, sicheren Orten. Dabei ist für viele dieser Kinder und Jugendlichen oft wenig „safe“, sondern zerbrochen. Viele von ihnen schreiben und malen nicht, „weil es gerade so ist“, sondern aus einer tiefen, verletzten Sehnsucht heraus: „Ach, wäre es doch (wieder) so.“
Und auf einmal dachte ich an das bevorstehende Weihnachtsfest. Die Krippen in unseren Kirchen. Zusammengezimmerte Holzlatten. Heu. Stroh. Ist die Krippe nicht auch ein „safe place“? Nicht, weil gerade Friede ist, im Gegenteil. Weil Friede werden soll. Weil im Dunkel der Nacht der helle Schein eines Sternes mehr zu sagen hatte als alle Dunkelheiten.
Die Krippe als sicherer Ort: für das Bündel Kind mit Namen Jesus damals. Ein „safe place“ nach seiner Geburt und kurz vor seiner Flucht. Ein „safe place“ für den „saviour“, den Retter, Erlöser, Heiland. Die Christus-Krippe als sicher Ort für dich und mich. Für die Geschundenen und Rastlosen unserer Tage, die Gehetzten und Geflüchteten, die Schreihälse und Verstummten. Für die ganze Welt. Mit Platz für jede Menschenangst und Sorge. Für kleine und große Belastungen, offene Fragen, eigene Schuld. Die Krippe – Sinnbild für (m)einen sicheren Ort. Für (m)eine Beherbergung im Guten – inmitten von allem Unguten, das sich um mich drängt.
Das wünsche ich dir, ob alt, ob jung: Die Weihnachtskrippe 2024 als (d)einen „safe place“, (d)einen sicheren Ort. Ein Ort der Beherbergung im Guten. Friede sei mit dir!
Dirk Jonas, Superintendent des Kirchenkreises Burgwedel-Langenhagen