Ein Besuch im Garten
Isabell Schulz-Grave, Pastorin der Emmausgemeinde

Es war einer der typischen Maitage in diesem Jahr. Eigentlich zu kalt, dann aber kamen wenigstens am Abend doch noch die Sonnerstrahlen zum Vorschein. Ein Ausflug zum Berggarten stand auf dem Programm. Die Motivation war nur mäßig.
Doch als ich da mitten zwischen anderen frierenden Frauen in einer Pracht von knospenden Pfingstrosen, duftendem Flieder und blühenden Lilien stand, dachte ich: „Was für eine Vielfalt, was für wunderbare Schöpfungen die Natur doch hervorbringt!“
Auch wenn wir nicht alle Hobbygärtnerinnen sind, war doch der Reiz der einzelnen Pflanzen, aber auch die Faszination des Zusammenspiels der vielen Gewächse für alle spürbar. Da wurden Fotos von unscheinbaren Bodendeckern genauso gemacht wie von prachtvollen Rhododendren.
Noch am nächsten Tag hatte ich das Gefühl, diesen Eindruck, dieses Fest der Sinne werde ich noch lange in meinem Herzen bewahren.
Da war ja nicht nur die Schönheit des Augenblicks. Ich habe an diesem Abend noch einmal gelernt, wie wunderbar unterschiedliche Pflanzen in einer Gemeinschaft zusammen stehen können. Es ist erstaunlich, wie sie sich gegenseitig in ihren Lebensräumen unterstützen und in ihrer Wirkung vervollständigen können. In der Fülle bilden sie ab, was einen blühenden Garten ausmacht.
Außerdem habe ich durch die leidenschaftliche Ansprache des Gärtners gelernt, wie sehr es eines guten Gärtners bedarf, der weiß, was die einzelnen Pflanzen brauchen.
Eines Gärtners, der weiß in welchen Boden welche Pflanze gehört, wieviel Licht und Schatten sie braucht, wer miteinander wachsen kann, um am Ende über das Jahr hinweg ein so harmonischer Garten zu sein.
Dabei dachte ich auch an die Vielfalt unseres menschlichen Lebens, wie besonders und einzigartig doch jeder von uns ist. Gott hat uns Menschen so unterschiedlich ausgestattet; jeder bringt etwas mit und braucht etwas. Und wie ein guter Gärtner findet Gott einen Platz für jeden in seinem Garten. Doch nur in der Vielfalt und in dem Zusammenspiel wird auch dieser Garten erst wirklich schön. Ich bin froh, dass Gott in seinem Garten jedem von uns Raum schenkt sich zu entfalten, aber auch mit anderen zu wachsen.