„Amal on Tour“ macht Stopp in Burgwedel

Exil-Journalist*innen berichten von Geflüchteten in der Region

Die Journalistin Amloud Alamir (von links) spricht mit Mejdel Othman und Pastorin Reni Kruckemeyer-Zettel über Othmans Zeit in Wettmar. Foto: Andrea Hesse
Die Journalistin Amloud Alamir (von links) spricht mit Mejdel Othman und Pastorin Reni Kruckemeyer-Zettel über Othmans Zeit in Wettmar. Foto: Andrea Hesse

Rund fünf Monate lang lebte Mejdel Othmann im Jahr 2015 im Kirchenasyl in der evangelischen St.-Marcus-Gemeinde in Wettmar; heute hat der 41-Jährige einen deutschen Pass, kann sich gut in der Sprache seines neuen Heimatlandes verständigen und arbeitet für eine Sicherheitsfirma in Hannover. An einem sonnigen Nachmittag Anfang Mai sitzt er mit der Journalistin Amloud Alamir und Pastorin Reni Kruckemeyer-Zettel aus Wettmar auf einer Bank im Garten der St.-Petrikirche in Großburgwedel und erzählt seine Geschichte, die mit der Flucht aus dem kurdischen Teil Syriens nahe der türkischen Grenze begann.

Amloud Alamir ist Teil des Projektes „Amal on Tour“, das in diesen Tagen durchs Land reist und in Zusammenarbeit mit der Pressestelle der hannoverschen Landeskirche an ganz verschiedenen Orten in der Region Hannover Station macht. Alle Mitarbeitenden gehören zu „Amal!“, einer Online-Plattform, die täglich lokale Nachrichten und Reportagen auf Arabisch, Ukrainisch, Farsi und Dari auf die Smartphones ihrer Abonnent*innen schickt. Gegründet wurde das Projekt 2016 in Berlin; heute berichten 25 Exil-Journalistinnen und -Journalisten auf jeweils einer festen halben Stelle über Geflüchtete und vor allem für Geflüchtete. Ihre Standorte sind neben Berlin auch Hamburg und Frankfurt am Main; von hier aus schreiben sie in ihren Muttersprachen über Politik und Kultur und „was man sonst noch wissen muss, um mitzureden und sich zu Hause zu fühlen“, wie es in einem Flyer heißt.

Auch aus der Ukraine geflüchtete Menschen kamen beim Blau-gelben Treffpunkt in St. Petri mit Amal on Tour zusammen. Foto: Andrea Hesse
Auch aus der Ukraine geflüchtete Menschen kamen beim Blau-gelben Treffpunkt in St. Petri mit Amal on Tour zusammen. Foto: Andrea Hesse

Bewusst haben sich die Journalist*innen von Amal on Tour für ihre Stopps kleinere Orte rund um Hannover ausgesucht: „Wir wollen zeigen, dass Geflüchtete nicht nur in die großen Städte wie Berlin, Hamburg oder Frankfurt kommen können, sondern dass sie auch auf dem Land oder in kleineren Städten Möglichkeiten finden“, sagt Projektleiterin Cornelia Gerlach. Welche Vorteile aber auch welche Schwierigkeiten das mit sich bringen kann, möchte Amal on Tour in den Gesprächen klären. In Burgwedel sind daran neben Amloud Alamir auch die Journalistin Nana Morozova aus der Ukraine, Fotograf Dawod Adil und der in Afghanistan vor seiner Flucht im Jahr 2016 sehr angesehene Journalist Noorullah Rahmani beteiligt.

Mejdel Othman, früher Sportlehrer in seiner Heimat in Syrien, erzählt von der Flucht, die er gemeinsam mit seinem Neffen Shyar Alabudalah unternahm. Nach ihrer Ankunft in Wettmar gewährte die Kirchengemeinde St. Marcus beiden Asyl und brachte sie im Gemeindehaus unter. Rund um Pastorin Reni Kruckemeyer-Zettel entwickelte sich ein engagiertes Netzwerk aus ehrenamtlichen Helfer*innen, die den beiden Geflüchteten beim Ankommen in Deutschland halfen. Diese wiederum unterstützten die Kirchengemeinde bei anfallenden Arbeiten in der Gemeinde und fanden so auch Anschluss im Ort.

Heute wohnt Mejdel Othman nicht mehr in Wettmar – zu wenige kleine Wohnungen gebe es hier und die Mieten seien hoch, erzählt Pastorin Kruckemeyer-Zettel. In Langenhagen hat Othman eine Wohnung gefunden, von der aus der Weg zu seiner Arbeitsstelle nicht allzu weit ist. Für die Unterstützung der Menschen in Wettmar ist er nach wie vor dankbar, wie er Amloud Alamir berichtet – vor allem für die Sicherheit und die Zukunftsperspektive, die er hier gefunden hat.

Das ist "Amal!"

Nargess Hamedi (Mitte), Küsterin in St. Petri Burgwedel, kommt mit dem afghanischen Journalisten Noorallah Rahnani und der ukrainischen Journalistin Nana Morozova ins Gespräch. Foto: Andrea Hesse
Nargess Hamedi (Mitte), Küsterin in St. Petri Burgwedel, kommt mit dem afghanischen Journalisten Noorallah Rahnani und der ukrainischen Journalistin Nana Morozova ins Gespräch. Foto: Andrea Hesse

Die Nachrichtenplattform Amal! informiert täglich um 11 Uhr auf ihren Social-Media-Kanälen in den Sprachen Arabisch, Ukrainisch, Dari und Farsi darüber, was in Berlin, Hamburg und Frankfurt los ist. Das Wichtigste vom Tage wird ergänzt durch Reportagen, Interviews und Kommentare. 25 festangestellte Journalist*innen aus Syrien, Afghanistan, der Ukraine und dem Iran haben bei Amal! eine berufliche Heimat gefunden. Sie betreiben die mobile Nachrichtenplattform als eine lokale Tageszeitung für das Smartphone. Amal! erreicht in den sozialen Medien derzeit rund 200.000 Menschen.

Amal! ist ein digitales Angebot des Gemeinschaftswerkes der Evangelischen Publizistik und wird von der Crespo Foundation, der Körber-Stiftung, der Schöpflin Stiftung, mehreren Landeskirchen und anderen finanziert. Das Projekt wurde 2021 mit dem #Netzwende-Award, dem Medienpreis für nachhaltige Innovation im Journalismus, ausgezeichnet und 2017 als „Ausgezeichneter Ort im Land der Ideen“ prämiert. Zu finden ist Amal! unter www.amalberlin.de/de, auf Facebook und Instagram.

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