„Wir versuchen, in Krisen zu deeskalieren“

Filmteam produziert einen Galileo-Beitrag über die Flughafenseelsorge

Als Flughafenseelsorger viel unterwegs: Karl-Martin Harms (rechts) stand dem Filmteam in mehreren Interviews Rede und Antwort. Foto: Elisabeth Meyer
Als Flughafenseelsorger viel unterwegs: Karl-Martin Harms (rechts) stand dem Filmteam in mehreren Interviews Rede und Antwort. Foto: Elisabeth Meyer

Zwei besondere Tage erlebte Pastor Karl-Martin Harms Ende vergangener Woche: Ein Filmteam war aus München angereist, um einen Beitrag über die Arbeit der Flughafenseelsorge für das Wissensmagazin „Galileo“ des Fernsehsenders ProSieben zu produzieren. „Redakteurin Sophie, Kameramann Julius und Tontechniker Patrick kannten sich vor diesem gemeinsamen Einsatz nicht“, erzählt Harms, der seit drei Jahren als Flughafenseelsorger am Hannover Airport in Langenhagen tätig ist. Schnell sei das Team aber zu einer kreativen Gemeinschaft zusammengewachsen – ihn selbst eingeschlossen. Gemeinsam mit seiner katholischen Kollegin Annette Burchardt und den ehrenamtlich tätigen Flughafenseelsorgerinnen Dr. Heike Brück-Winkelmann und Elisabeth Meyer konnte Harms dem Fernsehteam dank guter Ortskenntnis bei der Auswahl möglicher Drehorte sehr helfen.

„Das Storyboard von Sophie Scholz trug dazu bei, den Tag strukturiert zu gestalten“, erzählt Harms. Ziel des Drehs war es, seine Arbeit als Flughafenseelsorger anschaulich ins Bild zu bringen – natürlich auch vor dem Hintergrund der vielen negativen Schlagzeilen, die deutsche Flughäfen aktuell liefern. Der Flughafenseelsorger wurde an verschiedenen Drehorten von Sophie – schnell waren alle beim „du“ gelandet – interviewt: in seinem Büro, in den Abflugterminals, beim Boarding, im Betriebsrestaurant Skylight und in der Flughafen-Kapelle. „Der Film wird zeigen, dass ein Flughafenseelsorger im Laufe eines Tages viel unterwegs ist“, erzählt Harms. „Möglichkeiten zum Gespräch bieten sich sozusagen im Vorbeigehen: mit Beschäftigten und mit Reisenden.“ So sprach er während des Drehs mit einer Gruppe junger Männer aus Bremen, die auf ihren Flug nach Mallorca wartete. „Einer der Männer hatte Flugangst. Ich fragte ihn nach seinen Ressourcen im Umgang mit Stress und die Gruppe zeigte sich sehr offen für unser niedrigschwelliges Gesprächsangebot – obwohl die jungen Männer vorher noch nie von der Flughafenseelsorge gehört hatten.“ Harms traf auch eine Gruppe junger Frauen, die einen Junggesellinnenabschied mit einem Überraschungsflug nach Sardinien zelebrierten; im Duty-Free-Shop führte er ein längeres Gespräch mit einer Mitarbeiterin, die er als Frau eines Bestatters aus der Wedemark kennengelernt hatte. Aus Datenschutzgründen konnten die sonst üblichen Gespräche mit Beamt*innen der Bundespolizei und des Sicherheitsdienstes nicht gefilmt werden.

In den Abflugterminals gab es immer wieder kurze Gesprächssequenzen mit Reisenden, denen der Flughafenseelsorger seine mittlerweile fast berühmten Brausebrocken anbot. Manche der Reisenden erzählten dabei von ihrer Sorge, ob Check In und Sicherheitskontrolle wohl reibungslos ablaufen würden.

Auch hier ist der Flughafenseelsorger anzutreffen: Karl-Martin Harms mit Redakteurin Sophie Scholz im Shop "Erlebniswelt Flughafen". Foto: Elisabeth Meyer
Auch hier ist der Flughafenseelsorger anzutreffen: Karl-Martin Harms mit Redakteurin Sophie Scholz im Shop "Erlebniswelt Flughafen". Foto: Elisabeth Meyer

„Am Abend des ersten Drehtages wandte sich eine Reisende aus Stuttgart an mich, deren Koffer versehentlich von Izmir nach Hannover geflogen worden war. Sie brauchte das Gepäckstück dringend, weil dort wichtige persönliche Dokumente verpackt waren“, erzählt der Flughafenseelsorger weiter. Leider habe er die Frau nur an die zuständige Airline verweisen können, weil die für verlorenes Gepäck zuständigen Mitarbeitenden nicht zu erreichen waren.  „So konnten wir leider kein Happy End filmen“, bedauert Harms. Die Sache ließ ihm jedoch keine Ruhe: Er blieb auch nach den beiden Drehtagen am Ball und konnte schließlich doch noch ein Happy End einfädeln. Fünf Tage nach dem Gespräch mit der verzweifelten Reisenden war der Koffer gefunden und wurde noch am selben Tag mit einem Kurierdienst auf den Weg nach Stuttgart geschickt.

Er hoffe, dass der Filmbeitrag vermittele, dass die Flughafenseelsorge aufsuchende Arbeit leiste, betont Karl-Martin Harms. „Wir gehen auf Menschen zu, dort, wo viele in unterschiedlichen Funktionen und Berufen arbeiten oder auf Reisen sind. Wir sind offen für alle Menschen am Flughafen, insbesondere für die Beschäftigten. Wir fragen nicht nach Konfession und Religion. Wir sind mit vielen in Kontakt und versuchen, in Krisensituationen zu deeskalieren.“ Während der kommenden Urlaubswochen werden sich für Karl-Martin Harms und sein Team dafür sicher noch einige Gelegenheiten bieten.

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