„Was tun, wenn jemand weint?“

Diakonin arbeitet an Schulungsmodulen für die Jugendseelsorge mit

Diakonin Anna Thumser hat am Werkstattheft „Was tun, wenn jemand weint?“ mitgeschrieben. Foto: Ines Schiebler
Diakonin Anna Thumser hat am Werkstattheft „Was tun, wenn jemand weint?“ mitgeschrieben. Foto: Ines Schiebler

„Es ist tatsächlich so, dass das Thema uns gefunden hat“, antwortet Petra Eickhoff-Brummer auf die Frage, was sie dazu veranlasst habe, ein Schulungsmodul „Peer-to-Peer-Seelsorge“ zu erarbeiten. Die Beauftragte für Systemische Seelsorge am Zentrum für Seelsorge und Beratung (ZfSB) in Hannover hat jetzt gemeinsam mit Marco Kosziollek vom Landesjugendpfarramt im Haus kirchlicher Dienste das Werkstattheft „Was tun, wenn jemand weint?“ veröffentlicht. Das Basis-Modul soll in der Juleica-Ausbildung der Kirchenkreisjugenddienste und als Schulung für Jugendliche in Gesprächsführung und Seelsorge eingesetzt werden.

In den Jahren 2016 bis 2019 bot Eickhoff-Brummer am ZfSB zwei Schulungskurse in Systemischer Seelsorge an, an denen unter anderem auch Diakonin Anna Thumser aus dem Kirchenkreisjugenddienst Burgwedel-Langenhagen teilnahm. „Aus diesen Kursen heraus kamen Anfragen nach Schulungsmaterial für eine Jugendseelsorge: Hauptamtlich Tätige suchten Material, um junge ehrenamtlich Tätige zu schulen“, berichtet Eickhoff-Brummer. Parallel registrierte Marco Kosziollek im Landesjugendpfarramt vermehrte Anfragen aus der evangelischen Jugendarbeit: „Gesprächsführung allein als Thema in der Juleica-Ausbildung reicht offenbar nicht immer aus“, stellte er fest. „Seelsorge wurde und wird mehr und mehr zum Thema.“

In der Arbeitsgruppe, die Eickhoff-Brummer und Kosziollek im Sommer 2019 einrichteten, arbeiteten insgesamt elf Autor*innen mit; unter ihnen auch Anna Thumser. „‚Was tun, wenn jemand weint?‘ – das ist genau die Kernfrage“, sagt sie. Seit Jahren bietet sie mit Kolleg*innen und einem großen Team von Ehrenamtlichen die Juleica-Ausbildung an, bereitet sie alljährlich intensiv vor und arbeitete bislang immer auch mit einem eigenen Modul zur Seelsorge. Weil die Nachfragen ihrer Teamer*innen nach Impulsen für eine Peer-to-Peer-Seelsorge immer drängender wurden, organisierte sie bereits 2017 im Kirchenkreis Burgwedel-Langenhagen einen stark nachgefragten Fortbildungstag „1. Hilfe für die Seele“ für Jugendliche.

Das Juleica-Team im Kirchenkreis Burgwedel-Langenhagen thematisierte die Peer-to-Peer-Seelsorge schon in den zurückliegenden Jahren während der Ausbildungswochen. Foto: Andrea Hesse
Das Juleica-Team im Kirchenkreis Burgwedel-Langenhagen thematisierte die Peer-to-Peer-Seelsorge schon in den zurückliegenden Jahren während der Ausbildungswochen. Foto: Andrea Hesse

„Entscheidend für mich ist, dass junge Menschen zu einer Haltung kommen, die ihnen einen differenzierten Umgang mit der Situation ermöglicht“, sagt Thumser. Da weint jemand, ich bin gerade Teamerin, kein anderer ist da – in dieser Situation nicht in Aktionismus zu verfallen, sei ein Ziel der Schulung. „Weinen heißt nicht immer, dass ein junger Mensch in großer seelischer Not ist – es ist erst einmal eine Kommunikationsform wie andere auch“, so Thumser. Jugendliche Teamer*innen könnten lernen, dass es zunächst einmal ums Wahrnehmen gehe, um die Auseinandersetzung mit dem Teil in ihnen selbst, der einfach nur weglaufen wolle, um die Erkenntnis, dass Menschen eigene Ressourcen haben, um Krisen zu überstehen, und nicht immer von anderen „gerettet“ werden wollen. Vor allem aber gehe es darum, die eigenen Grenzen zu kennen und nicht zu überschreiten.

„Jugendliche können das“, sagt Marco Kosziollek, verschweigt dabei aber auch die früheren innerkirchlichen Diskussionen um die Verwendung des Begriffes „Seelsorge“ nicht: Können das nicht nur ausgebildete Pastor*innen? Jugendliche können es innerhalb ihrer Erfahrungswelt auch, sind die Autor*innen des Werkstattheftes überzeugt. Junge Menschen brauchten aber klare Bestärkung darin, innere und äußere Grenzen zu kennen und zu respektieren.
Bereits in Vorbereitung ist ein zweites Werkstattheft mit einem Aufbaumodul zur Peer-to-Peer-Seelsorge. Dieses Schulungsmodul ist gedacht für Teamer*innen ab 18 Jahren, die die Juleica auffrischen wollen. Das Modul wird umfangreicher sein und mehr Gesprächstechniken als das Grundmodul enthalten: „Es geht unter anderem um aktives Zuhören, um systemische Fragen und Auftragsklärung“, sagt Petra Eickhoff-Brummer. „Die Dinge, die wir bei unserem Fortbildungstag ‚1. Hilfe für die Seele‘ erarbeitet haben, sind fast vollständig in dieses Aufbaumodul eingeflossen“, ergänzt Anna Thumser. Ähnlich verhält es sich bei allen anderen Autor*innen des Aufbaumoduls: Im Sinne von „best practice“ fügte die Arbeitsgruppe bereits bewährtes Material zu einem schlüssigen Gesamtkonzept zusammen.
Weitere Informationen auf www.zentrum-seelsorge.de.

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