„Ich nehme jeden einzelnen Austritt persönlich“

Pastor Rainer Henne verabschiedet sich aus Fuhrberg

Rainer Henne (hinten rechts), hier mit (von links) Beate Meyer-Bothling, Martin Konstantin, Marcus Polaschegg, Petra Gerkens (vorne links) und Wiebke Schomaker beim Jubiläumsfest zum 250. Gemeindegeburtstag. Foto: Andrea Hesse
Rainer Henne (hinten rechts), hier mit (von links) Beate Meyer-Bothling, Martin Konstantin, Marcus Polaschegg, Petra Gerkens (vorne links) und Wiebke Schomaker beim Jubiläumsfest zum 250. Gemeindegeburtstag. Foto: Andrea Hesse

„Ich möchte ein Jahr lang ausprobieren wie es ist, einfach Privatmensch zu sein, nicht Pastor“, erzählt Rainer Henne, wenn man ihn auf seine Pläne für den Ruhestand anspricht. Um nicht missverstanden zu werden, fügt er dann gleich noch einen Satz an: „Ich bin total dankbar für meine Berufswahl und für die Zeit, in der ich Pastor war.“

Im Februar 2015 kam Rainer Henne als Pastor mit halber Stelle in die Ludwig-Harms-Kirchengemeinde in Fuhrberg; mit einer weiteren halben Stelle wurde er Krankenhausseelsorger in Burgwedel. Gemeinsam mit seiner Frau Christiane Plöhn, die zeitgleich die Verantwortung für die Seelsorgeausbildung ehrenamtlich Tätiger im Zentrum für Seelsorge übernahm, zog er ins Fuhrberger Pfarrhaus und stellte bald fest, dass die Tätigkeit auf seinen beiden halben Stellen zwar interessant und vielseitig war, gleichzeitig aber immer wieder sehr viel verlangte. „Ich habe den Anteil an Verwaltungsarbeit in der Gemeinde unterschätzt“, sagt Henne – oft stellte er sich die Frage, ob ihm genug Zeit für die Menschen und die Seelsorge bleibe.  Umso dankbarer war er für die gute Zusammenarbeit mit dem Kirchenkreisamt in Burgwedel: „Das ist ein ganz tolles Amt – wenn irgendwas ist, sind die Mitarbeitenden da.“

In Fuhrberg sei er immer gut mit den Menschen zurechtgekommen, blickt Henne zurück: „Ich habe hier den im positiven Sinne rebellischen Geist geschätzt“, sagt er. Fuhrberg sei ein bisschen wie das berühmte gallische Dorf, allerdings ohne Zaun und auch ohne Zaubertrank. Beeindruckt hat den Pastor der starke Zusammenhalt in der Dorfgemeinschaft, der sich besonders im Jahr 2019 beim großen Dorffest zum 250-jährigen Jubiläum der Kirchengemeinde zeigte: „Es war eine Herausforderung, alle im Dorf einzubinden“, erinnert sich Henne, „aber es hat sich gelohnt: Es hat die Kirchengemeinde noch stärker in der Dorfgemeinschaft verankert.“

Gute Erinnerungen verknüpft Rainer Henne auch mit der Arbeit im Fuhrberger Kirchenvorstand: eine tolle Arbeitsatmosphäre herrsche hier, in der die Dinge engagiert diskutiert und anschließend meistens einvernehmlich beschlossen würden. So war es auch in der Zeit des Lockdown: Abendliche Andachten, von Henne gestaltet, wurden täglich ins Netz gestellt und erreichten überraschend viele Menschen. Die Resonanz war so gut, dass die Online-Andachten beibehalten wurden, wenn auch mittlerweile nur noch einmal wöchentlich. Dennoch ist auch Trauer dabei, wenn Rainer Henne sich in diesen Tagen aus Fuhrberg verabschiedet: „Es tut schon weh, dass ich mein letztes Weihnachten als Gemeindepastor und die letzten beiden Osterfeste nur digital feiern konnte.“ Auch etwas anderes schmerzt: die Kirchenaustritte, die in der Zeit der Pandemie auch in Fuhrberg zugenommen haben.

„Auch wenn mir alle sagen, ich dürfe die Austritte nicht persönlich nehmen: Ich nehme jeden einzelnen persönlich“, sagt Henne. „Ich war nur Pastor, weil es unsere Kirchenmitglieder gibt, und wenn sie austreten, ist es mir nicht gelungen, deutlich zu machen, dass jedes einzelne Mitglied zählt.“ Auch vor diesem Hintergrund hält er es für richtig, jetzt zu gehen: „Wir brauchen für unsere Kirche neue, frische Ideen und auch neue Kommunikationswege, da stoße ich mit meinen Möglichkeiten an Grenzen.“

In einem Gottesdienst am 5. September wird Rainer Henne durch Superintendent Holger Grünjes in den Ruhestand verabschiedet; Ende des Monats zieht er dann mit seiner Frau nach Lüneburg um. Für die Ludwig-Harms-Gemeinde ist auch nach Hennes Abschied gesorgt: Pastor Jens Blume aus St. Petri Burgwedel übernimmt die Vakanzvertretung, Lektoren und Prädikantinnen werden Gottesdienste gestalten und für Beerdigungen steht auch Karl-Martin Harms, Pastor im Kirchenkreis Burgwedel-Langenhagen, zur Verfügung.  

„Ich habe in meiner Berufszeit als Berufsschulpastor, als Gefängnisseelsorger und als Gemeindepastor ganz unterschiedliche Dinge erlebt und es hat mich immer erfüllt, dabei meinen Platz zu finden“, sagt Rainer Henne dankbar. Nun freut er sich einfach auf ein Leben als Privatmensch – zumindest für ein Jahr.

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