Geduld

Pastor Falk Wook
Pastor Falk Wook

Geduld ist eine fast vergessene Tugend, sie hat einen hohen Stellenwert in Bibel und Koran und wurde sogar wissenschaftlich erforscht.

Sich in Geduld zu üben, ist für viele Menschen aber auch geradezu eine Passion, weshalb sie auch sehr gut in die Passionszeit, den Abschnitt zwischen Aschermittwoch und Ostern passt. In dieser Zeit essen viele Christ*innen nach dem „Carne-val“ dem „Lebwohl von Fleisch“ eher Fisch oder vegane Speisen.

Aber auch die Corona-Zeit, die sicherlich auch als Passions-, also Leidenszeit bezeichnet werden kann, fordert die Geduld von Menschen weltweit. Bundeskanzlerin Merkel hat die Bürgerinnen und Bürger in der Corona-Krise immer wieder zu Geduld aufgerufen, als sie um Verständnis für die verlängerten Corona-Einschränkungen bat: „Wir brauchen noch einmal eine Kraftanstrengung. Geduld, Solidarität und Disziplin werden noch einmal auf eine harte Probe gestellt.“ Also handelt es sich um eine Tugend, die lange eher „out“ war, obwohl sie in Religionen, der Geistesgeschichte oder im Sport eine hohe Bedeutung hat. Im Zeitalter der schnellen Klicks und des eiligen „Wisch und Weg“ auf dem Smartphone ist sie eine fast schon vergessene Tugend: die Geduld. Sie liegt nahe bei der Leidensfähigkeit, aber auch bei der Leidenschaft.

Geduld ist also „on the Top!“, gerade weil vieles darauf hindeutet, dass das Jahr 2021 Erleichterungen in der Corona-Pandemie bringen wird, gerade mit Blick auf Impfstoffe. Dieser Ausblick könne helfen, „bis dahin noch die Geduld, die Solidarität aufzubringen“, sagte Merkel nach dem Bund-Länder-Beschluss. Geduld fordert uns Menschen also etwas ab. Zum Beispiel Passion, Solidarität, Leidensfähigkeit, oder ganz einfach gesagt warten können. Also ist sie vielleicht doch mehr als eine schöne Tugend?

Der evangelische Theologe Eberhard Jüngel schrieb: „Geduld ist der lange Atem der Leidenschaft.“ In der Bibel bedeutet Geduld Durchhaltevermögen und Widerstandsfähigkeit, und die Kraft dazu gibt die Hoffnung auf Gottes Welt der Gerechtigkeit. Doch niemand ist, vor allem nicht immer, geduldig. Nicht einmal der Benediktinerpater und Bestsellerautor christlicher Ratgeberbücher, Anselm Grün. Nachdem er sich bei einem Sturz den linken Oberarm gebrochen hatte, schrieb der 75-jährige Mönch auf Facebook: „Jetzt muss ich vor allem Geduld lernen. Denn der Arm lässt sich nicht so schnell wieder bewegen wie vorher.“ In der Bibel kommt der Begriff mehrere Dutzend Male vor. Geduld oder Langmut ist laut dem Apostel Paulus eine „Frucht des Geistes“. Paulus rät zudem: „Seid fröhlich in Hoffnung, geduldig in Trübsal, beharrlich im Gebet.“ (Römer 12,12). Und Gott selbst wird in Psalm 103 als „unendlich geduldig“ beschrieben. Ich denke, das braucht er bei uns Menschen auch.

Falk Wook, Pastor der Kirchengemeinde Zum Guten Hirten Godshorn

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